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Glocke

Glocke: etwas an die große Glocke hängen/ an die große Glocke kommen

 

Umschreibung: etwas (Privates, Vertrauliches) überall erzählen [DUW]; etwas ausposaunen, in aller Leute Mund bringen, öffentlich bekanntmachen, namentlich von Privatangelegenheiten, die nicht vor die Äffentlichkeit gehören [Rö]; etwas unnötigerweise überall weitererzählen [Kü, S. 10808]

Historische Analyse: Die Wendung geht auf den alten Brauch zurück, Bekanntmachungen, öffentliche Rügen, drohende Gefahr usw. der Allgemeinheit mit einer Glocke (Schelle des Gemeindedieners, Kirchenglocke) anzukündigen [DURW]; bei wichtigen Anlässen, die über den Rahmen der Dorfgemeinschaft hinausgingen, wurden durch Glockengeläut die Bewohner aus Nah und Fern zusammengerufen [Kü, S. 10808f.]. Unter den verschieden groszen glocken wird der gröszten am meisten beachtung geschenkt, die gewöhnlich einfach als die grosze glocke bezeichnet wird. Beim sturmläuten spielt die grosze glocke eine wichtige rolle: als die bauren mit dem groszen glockhen sturm geleüt haben J. SCHLUSSER der peürisch krieg (1573) 4; zu Salem hat man die grosze glocken nit mehr, weil sie (die feinde) also nach waren, derfen leuten SEB. BÜRSTER der pauren uffrurr und pauren krieg 5 Weech. [Gr] Das Zeitwort 'hängen' scheint in dieser Redensart jünger zu sein und auf der Vermengung von 'anschlagen' mit anderen Ausdrücken, wie 'höher hängen, anhängig machen' usw., zu beruhen. [Rö]. Adelung kennt für 'etwas öffentlich bekannt machen' nur den Ausdruck 'etwas an die große Glocke schlagen' [vgl. Ad, S. 22513]. Grimm nennt für das 19. Jahrhundert eine ganze Reihe von Varianten mit zum Teil unterschiedlicher Bedeutung: etwas an die große Glocke schlagen, bringen, binden, schreiben, hängen, an die große Glocke laufen [vgl. Gr]. An die große Glocke laufen leitete sich von der Gerichtsglocke ab, doch: dasz dieser gebrauch für die öffentliche appelation des klägers schon im 16. jahrh. im absterben ist, zeigt die bedeutung der redensart an die grosze glocke laufen u. ä. 'sich vergeblich beschweren' in belegen bis ins 17. Jahrhundert [Gr]. Etwas an die große Glocke bringen und binden (2. Hälfte des 17. Jahrhunderts) entstand vielleicht unter Einfluß des abergläubischen Gebrauchs, seinen Namen in eine Glocke zu schreiben [vgl. Gr]. Dass diese und ähnliche Ausdrücke wie die vielen Vergleiche der großen mit der kleinen Glocke, die Grimm in Redensarten nachweist, heute nicht mehr gebräuchlich sind, zeigt, dass die Signalfunktion der Kirchenglocken heute bei weitem nicht mehr so wichtig ist wie noch vor etwa 150 Jahren. - Entstehungszeit: 1700 ff. [Kü, S. 10809] - Gebräuchlichkeit: umgangssprachlich [DUW] - Fremdsprachen: französisch 'carillonner quelque chose', niederländisch 'iets aan de grote klok hangen'; französisch 'sonner la grosse cloche'; 'entendre les deux cloches', beide Parteien hören [Rö]

 

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Glocke: wissen, was die Glocke geschlagen hat

 

Umschreibung: 1.) über etwas Unangenehmes, das einem bevorsteht, schon Bescheid wissen [DUW], und mit den Konsequenzen rechnen [DURW] 2.) wissen, wie man sich zu verhalten hat; die Folgen einer Handlungsweise kennen [Kü, S. 24151]; auf die Folgen gefaßt sein; wissen, was demnächst geschehen wird. [Kü, S. 10810] 3.) durch eine Andeutung genügend Bescheid wissen [Rö]

Historische Analyse: Der Ausdruck stammt aus der Zeit, als nur die Turmuhren mit ihrem Glockenschlag die Uhrzeit angaben. [Kü, S. 24151]. Der Glockenschlag ist hier der Stundenanzeiger [vgl. Kü, S. 10809]. Der formelhafte gebrauch zeigt sich in dem häufigen ausfall des hilfsverbs. Seit dem 16. jahrhundert halten sich die belege mit und ohne hilfsverb die waage. Selten erscheint naturgemäsz die redensart in präsentischer form [Gr]. Durch den Stundenschlag der Glocke gewarnt, erkennt man die Zeichen der Zeit. Es handelt sich hier um eine Analogie: sowie der Stundenschlag der Glocke bestimmte Ereignisse oder Tätigkeiten im Tagesablauf anzeigt, können auch andere Anzeichen, metaphorisch als 'Glockenschlag' gesehen, schon auf die üblichen Konsequenzen und Folgen hinweisen. Wer weiß, was die Glocke geschlagen hat, kann auch schon vorhersehen, was in weiterer Folge geschehen wird [HS]. Es gibt auch ein paar spielerischen Varianten und parodistischen Abwandlungen dieser sprichwörtlichen Redensart: 'Was die Glocke geschlagen hat, sieht man am Zeiger.' [Wa, S. 15436] oder das Sprichwort: Wie viel die Glocke geschlagen hat, weiss man erst, wenn sie aufgehört [Wa, S. 15440]. - Entstehungszeit: seit dem 16. Jahrhundert [Kü, S. 10810] - Gebräuchlichkeit: umgangssprachlich [DUW]

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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