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Blatt

Blatt: kein Blatt vor den Mund nehmen

 

Umschreibung: offen seine Meinung sagen [DUW: Blatt]

Historische Analyse: Der Duden [DUW: Blatt; DUZ: kein Blatt vor den Mund nehmen] und Röhrich [ROR: 788 f.] gehen davon aus, dass es sich um eine Wendung handelt, die auf der "alten Theatersitte" [ebd.] beruht, dass sich Schauspieler unkenntlich machten, indem sie ein (Laub- oder Papier-)Blatt [vgl. ROR: 788 f.] vor ihren Mund hielten, und dann für das Vorgebrachte "nicht zur Rechenschaft gezogen" werden konnten [DUW: Blatt]. Als Beleg für seine Annahme führt Röhrich [ROR: 788] (der Duden nennt keine Quelle) eine Textstelle aus Francisis Sittenspiegel (1670) an: Ehe die Komödianten die Masken erfanden, haben sie das Gesicht mit Feigenblättern verstellt und also ihre Stichelreden vorgebracht [ebd.] Über den historischen Wahrheitsgehalt dieser Erklärung kann allerdings keine Aussage getroffen werden: Der Phraseologismus kein Blatt vor den Mund nehmen ist zumindest 450 Jahre vor diesem Beleg von 1670 entstanden: Wie auch Röhrich [ebd.] anführt, findet er sich bereits im Wigalois, einem höfischen Artusroman, entstanden um 1200 (siehe historische authentische Belege). Über einen derartigen Brauch von Komödianten (wobei es sich eigentlich um eine spöttische Bezeichnung der Schauspieler des englischen Wandertheaters handelt; vgl. Kap. 4.6) von vor 1200 ist aber nichts bekannt. Da aufgrund zweier mhd. Belege (siehe histor. Bel.) anzunehmen ist, dass eine Phraseologisierung zu dieser Zeit bereits eingetreten ist, ist zudem eine noch weiter zurückreichende Entstehungszeit anzunehmen. Die vom Duden und Röhrich vorgelegte These lässt sich daher weder belegen noch ausschließen [JR]. Das Deutsche Wörterbuch [DWB: Blatt] kann die Herkunft der Phrase nicht mit Sicherheit nennen und vermutet, sie stehe in Verwandtschaft zur Wendung ein Blatt brechen. Bricht ein Jäger ein Blatt, so verwendet er das Blatt einer Pflanze zum Nachahmen der Stimme des Wildes. Dieses läuft daraufhin zum Jäger. Nach Grimms Deutung würde man sich daher, nimmt man sich kein Blatt vor den Mund, nicht verstellen, wie gegenüber dem Wild, sondern offen zeigen, wer man ist [JR]. Dieser Deutung schließt sich auch Küpper [DUG: 4065] an. - Entstehungszeit: vor 1200 [DWB: Blatt] - Gebräuchlichkeit: - Faux Amis: - Fremdsprachen: nl. geen blad voor de mond nemen [ROR: 788 f.]

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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