Hexe
Hexe: eine (richtige) Hexe (sein)
Umschreibung: garstige, unverträgliche, keifende Frau [KUE: Hexe]; [hässliche] bösartige, zänkische, unangenehme weibliche Person [DUW: Hexe]; weibliches Wesen, das unangenehm ist, das durchtrieben ist [WDG: Hexe]
Analyse der Bedeutung: Etymologisch stammt die ‚Hexe‘ von mhd. hecse, ahd. hagzussa ab. Hagzussa kann als Kompositum in zwei Konstituenten zerlegt werden. Der erste Bestandteil beschreibt vermutlich das angrenzende Gebiet außerhalb eines Gehöfts, während die zweite Konstituente dem Anschein nach einen Geist, ein Gespenst oder den Teufel meint. Basierend auf den etymologischen Untersuchungen Kluges ist die Hexe ein bis zum Hag („Umzäunung" [KLU: Hag]) mächtiges magisches Wesen. Die genaue Herkunft des Terminus ‚Hexe‘ bleibt jedoch unklar [vgl. PF: Hexe]. [Vgl. KLU: Hexe] Was dieses magische Wesen auszeichnet respektive eine weibliche Person zu einer Hexe macht, beruht auf der christlich geprägten Auffassung, Hexen seien in persona schädlich, können mithilfe übernatürlicher Mächte und Zauberkräfte Schaden und Unheil evozieren. Dieses abergläubische Bild einer Hexe manifestiere sich in der Vorstellung, Hexen paktierten mit dem Teufel, stellten ihre Kräfte in den Dienst sämtlicher Götzen und Dämonen, praktizierten schädliche Zauber und Verwandlungen und seien des Fluges durch die Luft mächtig. Diese abergläubische Auffassung basiert auf dem alten volkstümlichen Zauber- und Gespensterglauben, der das Fundament der Hexenverfolgungen und -prozesse darstellte. Die abergläubische Überzeugung festigte sich im Kontext der mittelalterlichen Theologie. Das resultierende, tradierte Konglomerat an Zuschreibungen ist eine Mischung aus heidnischem Volksgut und dessen Überformung, was keine eindeutige Selektion des rein heidnischen, germanischen Gedankenguts zulässt. [Vgl. HdA: Hexe; vgl. PF: Hexe; vgl. KLU: Hexe] Wird in der Gegenwartssprache eine weibliche Person als Hexe denunziert, werden sämtliche Ressentiments gegenüber der im wortwörtlichen Sinn verstandenen ‚Hexe‘ bemüht. Eine im übertragenen Sinn richtige Hexe ist ergo ein boshafter, unangenehmer und zänkischer Zeitgenosse (auch Männer werden als Hexe [sic!] verunglimpft, siehe aktuelle authentische Belege). [RR] - Entstehungszeit: seit dem 18. Jh. [KUE: Hexe] - Realienkundliches: Aber boeß frowen / gänt boeß rädt / Als Ochosyas muoter dett / Herodias jr dochter hyeß / Das man den toeuffer koeppfen lyeß / Salmon durch frowen rätt verkert / Wart / das er die abgoetter ert / Eyn frow ist worden bald eyn hätz / Wann jnn sunst wol ist mit geschwätz / Vnd lyplep / schnädern / tag vnd nacht [Brant, Das Narrenschiff, Ab. 64,1422, 1494] - Semantische Prozesse: pejorativ [DUW: Hexe] - Interlingual Kompatibles: engl. hag; witch [LA] - Querverweis: (auf/eine) Hexenjagd (gehen/veranstalten)
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Hexe: (kleine) Hexe
Umschreibung: kleines Mädchen [KUE: Hexe]; auch als halbes kosewort, für ein junges, geschwindes weib [DWG: Hexe]; temperamentvolles, raffiniertes Mädchen [RR]
Analyse der Bedeutung: Das abergläubische Sujet ‚Hexe‘ (zur Etymologie und Wortgeschichte siehe den Beleg eine (richtige) Hexe sein↗) exemplifizierte das übernatürlich Böse; dessen Höhepunkt spitzte sich in der historischen Hexenverfolgung zu. Erst im 20. Jh. – im Zuge feministischer Bewegungen – werden der Hexe auch positive Fähigkeiten zugeschrieben (vgl. Behringer 2015, 95f.). Der Hexentopos des bösen weiblichen Wesens mit all seinen gefährlichen Kompagnons wird um die Bedeutung als eine weise, heilkundige weibliche Person erweitert bzw. umgedeutet. Ungeachtet dieser positiven Vorstellung, die durch die Wendung (kleine) Hexe zum Ausdruck gebracht wird, dominieren negative Vorurteile gegen Hexen. (Kleine) Hexe wird zur Charakterisierung von Mädchen, die kecke, aufgeweckte und raffinierte Temperamentsbündel sind, bemüht. Die Wendung kleine Hexe kann vermutlich in Anlehnung an Otfried Preußlers Kinderbuch unter demselbigen Titel verstanden werden, denn die Protagonistin illustriert eine gute, freundliche, ehrgeizige und einfallsreiche Hexe. Positiv wird auch die Kräuterhexe gedeutet (siehe den Beleg Kräuterhexe↗). [RR] - Entstehungszeit: seit dem 19. Jh. [KUE: Hexe] - Diastratik: ugs. [DI: Hexe] - Semantische Prozesse: Koseform - Interlingual Kompatibles: engl. (little) minx [LA] - Querverweis: eine (richtige) Hexe (sein) - Figuriertheit: Euphemismus
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Hexe: (auf/eine) Hexenjagd (gehen/veranstalten)
Umschreibung: unbarmherzige, meist unrechtmäßige Verfolgung und Verurteilung von Menschen [DUO: Hexenjagd]; Diffamierung von Menschen [RR]
Analyse der Bedeutung: Bei dem Begriff ‚Hexenjagd‘ liegt eine Lehnübersetzung von engl. witch-hunt vor, was im Kontext des dunklen Kapitels der Hexenverfolgung steht. Prinzipiell handelt es sich um ein zeit- bzw. epochenunabhängiges Phänomen, das dort auftritt, wo Personen wegen des Verdachts der Hexerei aufgrund übernatürlicher Fähigkeiten ihrer Freiheit beraubt werden. Die Sanktionen sind gebunden an die zugrundeliegende Definition und das Verständnis von ‚Hexerei‘, gemäß dem das deviante Verhalten mit der Forderung zur Aufhebung des vermeintlichen Zaubers bis hin zur Tötung von Hexen geahndet wird. Besonders drastische Ausmaße nahm die Verfolgung bzw. Jagd auf Hexen in der (Frühen) Neuzeit, in den achtziger Jahren des 16. Jh., ausgehend von christlichen Verschwörungstheorien des Spätmittelalters, an. Eine maßgebliche und wegbereitende Rolle für die Gräueltaten wider angebliche Hexen spielte Augustinus‘ Dämonenlehre, die Hexerei als Paktieren mit dem Teufel auslegte, und der „Malleus Maleficarum" (Hexenhammer) Heinrich Kramers (Institoris) (vgl. Behringer 2015, 9f.;3237). Im übertragenen Sinn referiert die Bedeutung Hexenjagd als ‚unbarmherzige, meist unrechtmäßige Verfolgung und Verurteilung von Menschen’ [DUO: Hexenjagd], die Verfahren der im 16. Jh. legitimierten Hexenverfolgung und Hexenprozesse, die dramatischen Foltermethoden, regelwidrigen Gerichtsverfahren bis hin zur Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Einer im übertragenen Sinn verstandenen Hexenjagd als übertriebene, unrechtmäßige Verfolgung kann gegenwartssprachlich jede Person, auch ohne übermenschliche Fähigkeiten, zum Opfer fallen. [RR] - Entstehungszeit: 17. Jh. [vgl. DRW: Hexenjagd] - Interlingual Kompatibles: engl. witch-hunt [leo.org: Hexenjagd] - Figuriertheit: Hyperbel
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Hexe: Hexenschuss
Umschreibung: plötzlich auftretender, heftiger, von der Wirbelsäule ausstrahlender Kreuzschmerz; Lumbago [DUO: Hexenschuss]
Analyse der Bedeutung: Die Wendung geht zurück auf die Vorstellung, übernatürliche, zauberhafte Kreaturen würden mit Pfeilen Krankheiten unter den Menschen ausbreiten, indem sie auf diese schießen. Früher erklärte man so die Verbreitung des Schwarzen Todes, der Pest. Das plötzliche Auftreten des Hexenschusses wird im übertragenen Sinn auf das unerwartete Getroffenwerden der krankheitsbringenden Pfeile, die von der Hexe abgeschossen werden, zurückgeführt. [Vgl. KLU: Hexenschuss; vgl. ROE: Hexenschuß, Bilwis] - Entstehungszeit: 16. Jh. [KLU: Hexenschuss] - Allgemeiner Gebrauchskontext: volkstümlich [DUO: Hexenschuss] - Interlingual Kompatibles: engl. crick in one’s back [LA]; frz. tour de reins [leo.org] - Figuriertheit: Drastik
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Hexe: Kräuterhexe
Umschreibung: alte Frau, die [Heil]kräuter sammelt und sich auf deren Anwendung versteht [DUO: Kräuterhexe]
Analyse der Bedeutung: Dem Volksglauben nach beschwören Frauen, insbesondere Kräuterhexen in Gestalt „primitiver Medizinmänner" [HdA: Frau, Weib] göttliche Mächte, um mit kultischen Fähigkeiten und dem Wissen um die heilende Kraft einzelner Pflanzen Kranke und Verwundete zu kurieren. Im Volksglauben wurde vor allem Frauen die Fähigkeit zur Heilkunst zugesprochen, was diametral der kirchlichen Auffassung der „feminis malis" [HdA: Frau, Weib] gegenüberstand. [Vgl. HdA: Frau, Weib] Die kurativen Bemühungen von Frauen wurden denunziert, indem sie als Hexen diskreditiert wurden. In der heutigen übertragenen Bedeutung steht das Wissen von Personen um die Heilkraft von Pflanzen und deren Anwendung im Vordergrund. Als Kräuterhexen werden jene Personen bezeichnet, die sich auf die effektive Anwendung von alten Hausmitteln zur Heilung von Krankheiten verstehen, und zwar abseits der Schulmedizin. Was einst als besondere weibliche Fähigkeit galt – eine Kräuterhexe zu sein –, wurde im Laufe der Geschichte denunziert, erfährt jedoch gegenwärtig eine Bedeutungsverbesserung. Im heutigen Sprachgebrauch wird der Ausdruck Kräuterhexe salopp, eher positiv als negativ konnotiert verwendet, um eine alternativheilkundige Person zu bezeichnen. [RR] - Entstehungszeit: 20. Jh. [dwds.de: Kräuterhexe] - Diastratik: sal. [DUO: Kräuterhexe] - Semantische Prozesse: ironisierend [DUO: Kräuterhexe] - Interlingual Kompatibles: engl. herb witch [dict.cc] - Figuriertheit: Komik
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