Los
Los: ein hartes/bitteres/schweres/... Los
Umschreibung der Bedeutung: schweres Schicksal [RR]; Geschick [DUW: Los]
Analyse der Bedeutung: Die Etymologie des Begriffes ‚Los’ liefert sämtliche Verbalabstrakta, die sich vom in Vergessenheit geratenen ahd. Verb (h)lioan in der Bedeutung ‚losen, Wahrzeichen deuten’ [PF: Los] ableiten. Das Verb beschreibt eine magische Praxis der Germanen, ist demnach auf die germanische Tradition des Runenstäbewerfens zum Zweck der Zukunftsweissagung und -deutung zurückzuführen. Kluge erläutert, bei dem Begriff ‚Los’ liege keine eindeutige außergermanische Entsprechung vor, im Grimm‘schen Wörterbuch wird ‚Losen’ als „mit dem allgemeinen sinne der schicksalsbefragung" [DWG: Los] konkretisiert. Erwähnenswert an dieser Stelle ist das vielzitierte lateinische Korrelat sors, wovon sich die Begriffe ‚Sortilegium’ und z. B. frz. la sorcière (Hexe) ableiten; ergo herrscht (auch im anderssprachlichen Kontext) zwischen ‚Losen’ und z. B. magischen Protagonisten eine onomasiologische Interdependenz. [Vgl. PF: Los; vgl. KLU: Los] Das Losen ist nicht erst mit den Germanen bezeugt, schon in der Antike war es von großer Bedeutung. Zwei verschiedene Aspekte des Losens sind dabei seit jeher von großem Interesse: Damals wie heute wird das Los als Entscheidungshilfe durch das Zufallsprinzip bemüht (z. B. im Spiel), wobei abergläubische Menschen dahinter auch eine Botschaft des Schicksals vermuten. [Vgl. HdA: Los, losen] Das Losen erweist sich in letzterer Intention als mantische Kunst zum Zweck der Er-kundung des in der Zukunft Liegenden oder von Verborgenem durch die Zuhilfe-nahme von Losbüchern. Diesen Losbüchern kam eine besondere Bedeutung zu, denn sie beinhalteten Fragen an das Schicksal. Je nach Losbuch variierte die magische Praxis des ‚Werfens eines Loses’ zur Beantwortung dieser formulierten Fragen, beispielsweise wurde durch das Drehen von einer Scheibe oder das Werfen von Würfeln ein Orakel-spruch evoziert. Im übertragenen Sinn ist das harte Los als ‚schweres Schicksal’ zu verstehen. Im Vordergrund stehen aber weniger die selbst verschuldeten misslichen Umstände des Lebens, sondern meistens negative Fügungen ohne eigenes Ver-schulden. [RR] - Diastratik: bildungsspr. [DUW: Los] - Realienkundliches: Bis in 16. Jh. wurden anhand der Inhalte verschiedener Losbücher die mantischen Bedürfnisse einer abergläubischen Gesellschaft befriedigt, mit der Zeit werden diese Bücher ironisiert und geraten allmählich in Verruf. (Vgl. Petzoldt 2011, 126–130). - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl. to have a bitter lot [LA]; frz. avoir un triste sort [pons.de]
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Los: mit seinem Los (un-)zufrieden sein
Umschreibung der Bedeutung: mit seinem Geschick hadern [ROE: Los]; mit seiner Lebenssituation (un-)zufrieden bzw. (un-)glücklich sein [RR]
Analyse der Bedeutung: Die Bedeutung des Phraseologismus ergibt sich durch das Bedeutungsfeld des Begriffs ‚Los’ (siehe den Beleg ein hartes/bitteres/schweres/… Los). Mit seinem Los (un-)zufriedenen sein rekurriert sowohl auf den Zufalls- als auch auf den magischen Aspekt der Schicksalshaftigkeit des Werfens eines Loses. Der Terminus ‚Los’ weist einen ambigen Charakter auf: Das Los dient im Spiel als zufällige Entscheidungshilfe, während in der Konsultierung eines Losbuches die Befragung des prädeterminierten Schicksals im Zentrum steht. Ist jemand im übertragenen Sinn mit seinem Los unzufrieden, wird die missliche Lebens-situation beklagt. Beispielsweise von schwerem Geschick getroffen, hadert die unzu-friedene Person aufgrund der widrigen Lebensumstände mit ihrem Schicksal. [RR] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl. to be content with one’s lot [LA]; frz. être mécontent de son sort [ROE: Los] - Querverweis: ein hartes/bitteres/schweres/... Los
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