Brief und Siegel
Brief und Siegel: jmdm./etw. Brief und Siegel (auf etw.) geben
Umschreibung: jmdm. die Wahrheit, Sicherheit von etw. beteuern [eWDG: Brief]; jmdm. etwas fest zusichern [DUO: Brief]; jmdm. etw. als unbezweifelbare Wahrheit sagen/versprechen [LDR: Brief]; (jmdm.) etw. garantieren [GG]
Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Brief‘ als ‚persönliches Schriftstück‘ wird im Ahd. in der Form von briaf, im Mhd., Mnl. sowie Nl. als brief, im Asächs., Mnd. und Anord. als brēf, im Schwed. als brev und im Engl. schließlich mittels brief (‚Anweisung, Instruktion’) realisiert. Allesamt stellen sie Entlehnungen aus der lateinischen Sprache, nämlich lat. brevis (libellus) resp. spätlat. breve (‚kurzes Schreiben, Urkunde‘) dar. Die phraseologisierte Form ‚Brief und Siegel‘ taucht im Sinne eines Rechtsausdrucks ab dem 13. oder 14. Jh. auf. [Vgl. WPE: Brief; vgl. ROE: Brief].
Das Neutrum ‚Siegel‘, worunter ein ‚Stempel zum Eindrücken eines Zeichens in weiche Masse‘ oder der ‚Abdruck eines Zeichens‘ verstanden wird, weist die Formen mhd. sigel (‚Siegel, Stempel, mit Siegel versehene Urkunde’), mnd. sēgel, mnl. sēghel, nl. zegel, afries. sigil, schwed. sigill auf und stellt eine Entlehnung aus lat. sigillum (‚kleine Figur, kleines Bildnis, kleine Statue, Siegel(abdruck), Zeichen’) dar. [Vgl. WPE: Siegel].
Die Paarformel ‚Brief und Siegel‘ hat ihren Ursprung in der Rechtssprache, wo mittels ‚Brief‘ ursprünglich auf diverse Schreiben oder Urkunden referiert wurde, die durch ein Siegel ihre rechtliche Gültigkeit bewiesen. Als Rechtsformel brachte Brief und Siegel den ‚vollgültigen Rechtsanspruch‘ zum Ausdruck. [Vgl. ROE: Brief; vgl. DUR: Brief; vgl. LDR: Brief].
Mittels der bildhaften Wendung jmdm./etw. Brief und Siegel (auf etw.) geben werden analog zu einem historischen Schriftstück, das mittels eines Siegels seine Rechtsgültigkeit erhält, Wahrheit und Garantie durch die Adressantin/den Adressanten bekräftigt. [GG] - Entstehungszeit: 16. Jh. [WPE: Siegel] -
Realienkundliches: Die Gerauische Statuta von 1658 verwendet den Ausdruck ‚Brief und Siegel‘ im rechtlichen Sinne und im Zusammenhang mit dem Nachweis der Schuld:
Zum Fuͤnfften. Daſz der Rath ſeine Beſcheide und Abſchiede, darvon nicht appelliret, oder die aus der Appellation wieder an Jhn remittiret worden, Jngleichen die Cantzeley, Abſchiede in Sachen, ſo nicht per Apellationem ſondern durch ihre des Raths Verweiſzung oder ſonſten, ſo balden in prima Inſtantia an die Cantzeley, oder das Geiſtliche Constitorium allhier erwachſen, auf erfolgende Requiſitoriales derſelben, Item, wann die Schuld geſtaͤndig, oder uff Brieff und Siegel beruhet, oder ſonſten uff maaſze, alſz ob verſehen, von Jhnen ausgeklaget und liquiditlich gemachet wird, zu Exequiren, ingleichen auspfaͤndungen, und treibung uff Buͤrgerlichen Gehorſamb zu verrichten, doch ſind Buͤrger und Buͤrgerin beides in der Stadt, alſz in Vorſtaͤdten nicht pflichtig, einiger Beyhuͤlff Geld uͤber die von Jhro Gndl. geordnete Gebuͤhren zu geben.
[Schott 1772, S. 155]
Semantische Prozesse: Zwillingsformel (Brief und Siegel); sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to give sb. sth. under one's hand and seal [dict.cc] - Figuriertheit: Hyperbel - Querverweis: ↑mit Brief und Siegel
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Brief und Siegel: mit Brief und Siegel
Umschreibung: mit absoluter Sicherheit und Garantie; nachweislich [GG]
Analyse der Bedeutung: Zu etymologischen Aspekten von ‚Brief‘ und ‚Siegel‘ sowie zur historischen Herkunft als auch zu näheren Erläuterungen siehe ↑jmdm./etw. Brief und Siegel (auf etw.) geben. - Entstehungszeit: 16. Jh. [WPE: Siegel] - Realienkundliches: Vgl. ↑jmdm./etw. Brief und Siegel (auf etw.) geben. - Semantische Prozesse: phraseologisiert; Zwillingsformel (Brief und Siegel) - Figuriertheit: Hyperbel - Querverweis: ↑jmdm./etw. Brief und Siegel (auf etw.) geben
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