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Finger

Finger: sich die Finger (an/bei etw.) verbrennen

Umschreibung: (durch Unvorsichtigkeit) bei etwas Schaden erleiden [DUO: Finger]; hereinfallen [eWDG: Finger]; schlechte Erfahrungen machen [ROE: Finger]; zurückgewiesen werden [LDR: Finger]

Analyse der Bedeutung: Die singuläre Form ‚Finger‘, die im Ahd. fingar, im Mhd. vinger, im Asächs. fingar, im Mnd. vinger, im Mnl. vingher, im Nl. vinger, im Aengl. sowie Engl. finger, im Anord. fingr, im Schwed. finger und schließlich im Got. figgrs lautet und die Bedeutung von ‚jedes der fünf Endglieder der Hand‘ trägt, kann einerseits aus ie. *penku̯ro- (‚einen aus der Gesamtheit der fünf Finger’) hergeleitet werden, sowie andererseits aus germ. *fanhan (‚fassen, ergreifen’) einschließlich des Ansatzes ie. *penkro-. [Vgl. WPE: Finger].
Neben Wagner [vgl. 2015, S. 69] führen bereits Jacob und Wilhelm Grimm die Redensart sich die Finger an/bei etw. verbrennen auf die Ordalspraxis zurück: „man kann den ausdruck auch vom gottesurtheil herleiten: ich möchte für die wahrheit einer behauptung meinen finger nicht ins feuer halten“ [DWB1: finger]. Röhrich hingegen sieht den Ursprung des Ausdrucks im Alltag verwurzelt. [Vgl. ROE: Finger]. So könnte bspw. an die Verbrennungsgefahr am Herd oder am Feuer generell gedacht werden. [GG] Dies lässt sich dadurch untermauern, dass die Finger als Körperteile in diversen metaphorischen Ausdrücken Verwendung finden, um jegliche Art von Schaden oder negativ Widerfahrenem zu symbolisieren. [Vgl. LDR: Finger].
In Anknüpfung an das Wesen der Gottesurteile lässt sich im Rahmen des ‚Feuerordals‘ nicht nur an die ‚Eisenprobe‘ (siehe dazu die Wendung ↑ein heißes Eisen anfassen/anpacken) denken, sondern auch an den ‚Kesselfang‘, wo ein Gegenstand aus einem Kessel mit heißem Wasser oder Öl gefischt werden musste [vgl. dazu näher Karner 2010, 23f.], sowie an das Halten der Hand ins Feuer. [GG]
Bei den beiden erstgenannten Proben waren neben Hand und Arm durch das nötige Umgreifen die Finger involviert und unterschiedlichem Verbrennungsgrad ausgesetzt, woraus sich die metaphorische Komponente des Schadens erklären lässt. [GG] - Entstehungszeit: 17. Jh. [DWB2: finger] - 

Realienkundliches: Die Lex Salica (erlassen zwischen 507 und 511) beinhaltet die rechtliche Verankerung der ‚Kesselprobe‘ unter lat. ineum mit der verbundenen Gefahr des Verbrennens der Hand. Die deutsche Fassung weist auf eine andere Übersetzungsmöglichkeit durch ‚glühendes Eisen‘ hin:

XCIII. De eo qui de falso testimonio fuerit adprobatus.
Si qui falsi testes fuerit adprobati, quinos dinos solidos multos sustineat. Si vero eis inculpaverit quod falsum testimonium dedissent, manum suam in ineum mittat et sicut sana tulerit sicut superius diximus simili multa sustineant. si certe manum suam comburet, 15 solidos damnum sustineat. [Zoepfl 1879, XCIII, S. 282]
XCIII. Von dem, der falschen Zeugnisses überwiesen wird.
Wenn falsche Zeugen dessen überführt werden, so soll Jeder von ihnen mit 15 Schill. Strafe büssen. Wenn aber Einer (er) sie beschuldigt, falsch Zeugniss abgegeben zu haben, so soll er seine Hand zum Kessel (vielleicht: zum glühenden Eisen) führen, und wenn sie unverletzt davon kommt, sollen sie, wie wir oben gesagt haben, eine gleiche Strafe erleiden. Wenn er dagegen seine Hand verbrennt, so zahlt er 15 Schill. Entschädigung. [Zoepfl 1879, XCIII, S. 283]

Diastratik: umgangssprachlich [DUR: Finger] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to get one’s fingers burnt over sth. [PONS]; frz. : se bruler (brûler) les ailes dans qc [PONS]; ital.: bruciarsi le ali [PONS]; kroat.: opariti se [PONS]; nl.: zijn [o. zich de] vingers branden [PONS]; schwed.: att bränna fingrarna på ngt. [dict.cc]; slowen.: opeči si prste [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel

 

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