Freibrief
Freibrief: (k-)ein Freibrief (für jmdn./etw. sein) / (k-)einen Freibrief erhalten…
Umschreibung: (keine) Erlaubnis für etw. sonst Unerlaubtes (erteilt bekommen) [eWDG: Freibrief; GG]
Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Freibrief‘ bedeutete ursprünglich ‚verbrieftes Privileg‘ oder ‚Anrechtsurkunde‘ und entstand im 15. Jh. [Vgl. WPE: Freibrief].
Nach dem Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte übernahm der Freibrief drei Funktionen: Erstens stellte er ab dem römischen Recht bis zum 20. Jh. eine ‚Urkunde über Freilassung oder freie Herkunft‘ dar. Zweiten fungierte er beim Aufgeben der Lehensrechte als ‚Allodifikationsurkunde‘. Drittens konnten über ihn in der Form des spätmittelalterlichen ‚Freiheitsbriefes‘ diverse Privilegien oder bestimmte Rechte zuerkannt werden. [Vgl. HRG-AD: Freibrief]. Davon motiviert, nahm er im Folgenden die übertragene Bedeutung ‚Erlaubnis‘ an. [Vgl. DUR: Freibrief; vgl. ROE: Freibrief; vgl. LDR: Freibrief]. -
Realienkundliches: Als besonders prominentes Beispiel für einen Freibrief gilt die Magna Carta (Libertatum), die am 15.06.1215 bei Runnymede in England unterzeichnet wurde und ab 1217 durch Forstrechte erweitert wurde. Sie beinhaltet über 60 Artikel, wobei als erster und damit zentralster Punkt die Unabhängigkeit der Kirche von der Krone geregelt ist. [Vgl. HRG-EvE: Magna Carta Libertatum].
Die deutsche Übersetzung des ersten Paragrafen aus dem lateinischen Original lautet wie folgt:
§ 1. Daß die Kirche von England frei sein soll, und ihre vollen Rechte und Freiheiten unverletzlich genießen soll. Und daß wir dieß so beobachtet wissen wollen, ersehe man daraus, daß wir die Freiheit der Wahlen, welche als höchst nothwendig für die Kirche Englands anerkannt werden, aus eigenem, freiem Willen verliehen, durch unsern Freibrief befestigen und ihre Bestätigung von Seiten Papst Innocents III erhalten haben, bereits vor der Uneinigkeit zwischen und und unseren Baronen. Diesen Freibrief werden wir beobachten, und wünschen, daß er auch von unseren Nachkommen für alle Zeiten getreulich beobachtet werden. [Bromme 1849].
Semantische Prozesse: phraseologisiert (einen Freibrief erhalten; ein Freibrief für…) - Interlingual Kompatibles: frz.: être/ne pas être un passe-droit [ou une lettre de franchise] pour qc [PONS]; nl.: vrijbrief [PONS]; span.: no ser una carta blanca [o un cheque en blanco] para algo [PONS] - Figuriertheit: Hyperbel - Querverweis: ↑jmdm./sich einen Freibrief (für etw.) ausstellen
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Freibrief: jmdm./sich einen Freibrief (für etw.) ausstellen
Umschreibung: jmdm./sich volle Freiheit gewähren, etw. zu tun [DUR: Freibrief]
Analyse der Bedeutung: Vgl. ↑(k-)ein Freibrief (für jmdn./etw.) / (k-)einen Freibrief erhalten…. - Realienkundliches: Vgl. ↑(k-)ein Freibrief (für jmdn./etw.) / (k-)einen Freibrief erhalten…. - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to give sb carte blanche to do sth [PONS]; frz.: donner carte blanche à qn pour qc [PONS]; ital.: dare carta bianca a qn [PONS] - Figuriertheit: Hyperbel - Querverweis: ↑(k-)ein Freibrief (für jmdn./etw.) / (k-)einen Freibrief erhalten…
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