Fuß
Fuß: jmdm. auf die Füße treten
Umschreibung: 1. jmdn. unabsichtlich kränken [LDR: Fuß]; 2. jmdn. zurechtweisen. 3. jmdn. zur Eile antreiben [DUO: Fuß]
Analyse der Bedeutung: Zu etymologischen Hintergründen des Substantivs ‚Fuß‘ vgl. ↑etw. hat Hand und Fuß / etw. hat weder Hand noch Fuß.
Dem Körperteil des Fußes kommt in verschiedensten Zusammenhängen eine symbolkräftige Wirkung zu. Im Rechtskontext werden mit diesem Macht, Herrschaft und Besitz zum Ausdruck gebracht, wie sich bspw. anhand der Inbesitznahme von Land oder Vieh oder der Belehnung nachvollziehen lässt. Dabei wird der Fuß symbolisch einerseits auf die ländliche Fläche, den Fuß des Tieres oder des Vasallen gesetzt oder es erfolgt eine Berührung durch diesen. [Vgl. HRG-HS: Fuß]. Die Wendung jmdm. auf die Füße treten, die veraltet als singuläre Form im Umlauf war, führt auf die geschilderte symbolische Besitzergreifung zugunsten des gültigen Rechtsanspruches zurück. [Vgl. ROE: Fuß]. Eine andere These bezieht sich bzgl. der Herleitung auf die physischen Schmerzen, die das Treten auf den Fuß nach sich zieht. [Vgl. LDR: Fuß].
In Anknüpfung an den Rechtsbrauch, im Rahmen dessen eine Person aus symbolischer Bekräftigung heraus jemand anderes oder ein Tier mit dem Fuß berührt, um den Besitz oder die Herrschaft über diese/diesen oder dieses zu signalisieren, wird mittels der phraseologisierten Wendung jmdm. auf die Füße treten im modernen übertragenen Sinne u. a. zum Ausdruck gebracht, dass man durch eine Grenzüberschreitung jmdn. kränkt, antreibt oder maßregelt. Der Machtaspekt ist dabei der zentrale Faktor der Analogiebildung. [GG]. -
Realienkundliches: Will ein Besitzer sein entlaufenes oder gestohlenes Pferd rechtlich wiedererlangen, muss er dies symbolisch durch seinen rechten Fuß, den er auf den linken vorderen Pferdefuß setzt, und mittels der linken Hand, mit welcher er das rechte Pferdeohr anfasst, bekräftigen. Das von Jacob Grimm in seinen Rechtsalterthümern notierte Beispiel taucht in ähnlicher Form in den sächsischen Rechten auf:
he ſal mit ſime rechten voze deme pherde treten uffe den linken voz vorne und ſal mit ſiner linken hant dem pferde grifen an ſin rechte ore. [GRA II, S. 127]
Diastratik: umgangssprachlich [DUR: Fuß] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart; auch pejorativ - Interlingual Kompatibles: dän.: træde én over tæerne [PONS]; engl.: to tread [or step] on sb's foot [or toes] [PONS]; frz.: marcher sur les pieds de qn [PONS]; isl.: troða e-m um tær [PONS]; ital.: pestare i piedi a qn [PONS]; kroat.: stati na noge [PONS]; poln.: nadepnąć komuś na nogę [PONS]; tschech.: šlapat [perf šlápnout] komu na nohu [PONS] - Figuriertheit: Drastik [GG]
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Fuß: stehenden Fußes
Umschreibung: ohne Verzögerung, sofort [LDR: stehenden Fußes]; augenblicklich, sogleich [ROE: Fuß]; auf der Stelle (handeln/etw. tun) [GG]
Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie des Maskulinums ‚Fuß‘ siehe ↑etw. hat Hand und Fuß / etw. hat weder Hand noch Fuß.
Die phraseologisierte Form stehenden Fußes stellt eine ursprüngliche Rechtsformel dar und geht auf einen alten Rechtsbrauch zurück, wonach ein ausgesprochenes Urteil auf der Stelle sowie aufrecht stehend angefochten werden musste, um dessen Inkrafttreten zu verhindern. Das lat. Pendant dazu lautet stante pede. [Vgl. DUR: Fuß; vgl. ROE: Fuß; Redensarten.net: (Etwas) stehenden Fußes (tun)]. Der Symbolcharakter lässt sich aus der Körpersprache ableiten, wobei sich die beklagte Person bei erhobenem Einspruch in stehender Position befand. [GG].
Von der Anfechtung des Urteils im Stehen motiviert, nahm der vorliegende Beleg stehenden Fußes mittels der ausgedrückten Unverzüglichkeit eine zeitliche Bedeutung an. [GG]. -
Realienkundliches: Der Gerichtsordnung der Stadt Rostock des Jahres 1574 zufolge kann ein Urteil je nach Person entweder unverzüglich (stehenden fueß) oder innerhalb von 10 Tagen angefochten werden:
Tit. 18 § 1
WEr von gesprochen Vrtheil appelliren wil / der sol solches auff stehenden fueß / vnd alsbaldt nach gesprochener Vrtheil / oder aber fuͤr Notarien vnd Zeugen / innerhalb zehen tagen / thun / vnd zugleich bey dem Gericht / altem gebrauch vnd gewonheit nach / 10. guͤlden niderlegen / vnd so die Vrtheil confirmiret wirt / soll die helffte das Gerichte / die ander helffte das gegentheil dauon bekomen. Wuͤrde aber die Vrtheil reformiret / sol jme / dem deponenten / solch geldt widerumb zugestellt werden. [Bürgermeister und Ratmänner Rostocks 1574, Tit. 18, §1]
Diastratik: salopp - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: dän.: på stående fod [PONS]; nl.: op staande voet [PONS]; poln.: skoczyć [lub pobiec] na jednej nodze [PONS]; schwed.: på stående fot [PONS]
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Fuß: (sich) jmdm. etw. zu Füßen legen
Umschreibung: jmdm. etw. aus Verehrung überreichen, schenken [DUR: Fuß]; jmdm. etw. unterwürfig anbieten [LDR: Füße]
Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie des maskulinen Substantivs ‚Fuß‘ siehe ↑etw. hat Hand und Fuß / etw. hat weder Hand noch Fuß.
Vergleichbar mit der Wendung ↑jmdm. auf die Füße treten basiert die vorliegende sprichwörtliche Redensart jmdm. etw. zu Füßen legen auf der symbolischen Inbesitznahme durch den Fuß, der auf einen anderen menschlichen oder animalischen gestellt oder auf ein Land gesetzt wird. [Vgl. ROE: Fuß]. Von diesem Bild geprägt, wird der Gedanke der (unterwürfigen) Schenkung im übertragenen Sinne formuliert. [GG]. - Realienkundliches: Zur rechtlichen Besitzergreifung durch den Fuß vgl. ↑jmdm. auf die Füße treten. - Diastratik: gehoben [DUR: Fuß] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to lay sth. at sb.'s feet [dict.cc]; poln.: składać coś u czyiś stop [PONS] - Figuriertheit: Hyperbel
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