Heimsuchung
Heimsuchung: (etw. ist eine) Heimsuchung
Umschreibung: Schicksalsschlag, den man als Prüfung oder Strafe von Gott empfindet [DUO: Heimsuchung]; harter Schicksalsschlag [WPE: Heim]
Analyse der Bedeutung: Der metaphorische Ausdruck ‚Heimsuchung‘ geht auf die mhd. Bezeichnung heimsouchunge in der Bedeutung von ‚Hausfriedensbruch‘ zurück. [Vgl. DUO: Heimsuchung; vgl. WPE: Heim]. Von historischer Perspektive aus betrachtet, war der ‚Hausfrieden‘ als Recht der Hauseigentümerin/des Hauseigentümers bzw. einer Hausgemeinschaft auf den Schutz gegenüber externen Störungen konzipiert. Bereits die Leges Barbarorum definieren die Verletzung resp. den ‚Hausfriedensbruch‘ als das Einbrechen in ein anderes Heim, wobei Personen zu Schaden kommen. In der Pax dei incerta des 11. Jhs. wird jedem Areal, das über eine Umfriedung verfügt, der Schutz durch den ‚Hausfrieden‘ zuerkannt. Heute stellt der Hausfrieden ein Grundrecht dar; seine Verletzung wird strafrechtlich geahndet. Der moderne Terminus, der dem Mietrecht entstammt, bezieht sich auf das friedliche Wohnen unter einem Dach, auf dessen Missachtung das außerordentliche Kündigungsrecht sowohl durch die Mieterin/den Mieter als auch durch die Vermieterin/den Vermieter steht. [Vgl. HRG-BK: Hausfrieden].
Neben dem mietrechtlichen bzw. schutzrechtlichen Aspekt verfügt die ‚Heimsuchung‘ auch insofern über eine religiöse Komponente, als dass darunter bibl. das ‚göttliche Strafgericht‘ verstanden wird. [Vgl. ROE: Heimsuchung].
Vom unbefugten, gewaltsamen Eindringen in ein fremdes Haus/einen fremden umfriedeten Bereich mit der Absicht, Bewohnerinnen/Bewohnern zu schaden oder zu verletzen, motiviert, stellt die Heimsuchung im übertragenen Sinne einen Überfall, einen Schicksalsschlag oder eine Art Plage dar. [GG] -
Realienkundliches: Ein Eintrag zur ‚Heimsuchung‘ im Schwabenspiegel (1275) im Druck von Günther Zeyner um 1473:
Cap. CCXXV.
Dicz ist von heimsuchung dz merck hienach geschriben.
Und ist das eyn man den anderen zwingt wider seyn willen das er auff eynen baum steyg oder auff [.xliii.] eyn hauß oder auff eyn burg in heysset gan di unwörlich ist. Was er in sagtaner ding heißt tun wider seynen willen, was im davon geschihet das sol er büßen als ob er es mit seyner hand hette getan. nyemet er aber lon darumb was dem beschicht dz büsset im nyeman.
Und ist ein man in eynem hauß es sey seyn oder er lone es oder habe es umb sunst, und wirt er dar yn heim gesucht, man soll in büssen, wan er wirt dar ynne ist. Unnd ist mer wirt dar ynne dann eyner man sol die büssen den wirtten teylen wann an in allen gefräfelt ist. Die heimsuchung ist dz wer mit gewaffenter handt yn eynes mannes hauß lauffet, und eynen dar ynn iaget oder er eynen dar ynn vindet dem er will schaden oder schadet, das heysset heimsuchung.
Lauffet er dar ein, und suchet einen man mit gewaffenter handt, unnd vindet seyn nicht, und gat dar auß on schaden, so sol er halbe buß geben dem wirt und dem richter. Tut aber er schaden darynnen mit scheltten oder mit andern dingen so sol er gancze buß geben.
Und ist das dz hauß beschlossen ist, und kommet er dafür, und hawet oder schüsset daran, so ist er die buß schulding. Und lauget er des, so soll man in über czeugen selb dryt die es gesehen oder gehörend hand, und hat es nyeman gehöret oder gesehen, so mag der wol zeug seyn, der die geschoße oder die schleg höret. Schlecht er in die türen nicht und schiltet hineyn, so büsset er nun die schältwort. Wier heissen gewaffet hande bloße schwert in der hand oder schälckliche messer oder bogen oder armbrost oder geschosz oder andere waffen. Unnd wer seyn volger und mit im gat die seynd all schuldig und müssend all büssen als der selb schuldig, ob sy die fräffeln tund, also hievor gesprochen ist, so gebend sy die gancze buß, tund sy der nit unnd koment doch dar mit gewaffenter hand und tun keynen schaden, es geit yederman fünff schilling heller. Die buß ist ettwa ring ettwa swer, yenach des landes gewonheit.
Dise recht hand auch die bürg, wer die herren die burge hand dar ynn heimsuchent, die süllend yn büssen als hievor geredt ist. man sol an keyner stat dem richter höher büssen den dem klager. Wa man des nicht tut, das ist wider recht. Und hand sy nit pfenning ze geben, so richt man über sy, also umb ander gülte.
[Haller 2008, Cap. CCXXV]
Interlingual Kompatibles: dän.: hjemsøgelse [PONS]; schwed.: hemsökelse [PONS] - Querverweis: ↑jmdn./etw. heimsuchen / von jmdm./etw. heimgesucht werden
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