Kopf
Kopf: jmds. Kopf fordern
Umschreibung: jmds. Entlassung/strenge Bestrafung fordern [DUR: Kopf]; die strenge Bestrafung von jmdm., der sich in höherer Stellung befindet, fordern [DUO: Kopf]
Analyse der Bedeutung: Im Hinblick auf die Etymologie von ‚Kopf‘ siehe die Redewendung ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten.
Die bildhafte Wendung jmds. Kopf fordern basiert auf der Hinrichtungsform der Dekapitation, [vgl. DUR: Kopf] bei welcher der Henker entweder das Schwert, seltener das Beil, schwang oder die Guillotine zum Einsatz kam. Siehe dazu näher ↑Halsabschneiderei. Präziser formuliert, wird dabei Bezug auf das Verlangen oder die Anordnung der Enthauptung genommen. [GG]
Fordert man im metaphorischen Sinne den Kopf einer Person, ordnet man an, diese strengstens zu bestrafen, wobei das Bild des Verhängens der Todesstrafe durch Decollation für die bildhafte Prägung als motivierend anzunehmen ist. [GG] - Realienkundliches: Vgl. dazu die Wendung ↑Halsabschneiderei. - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl.: to demand sb's head [PONS] - Figuriertheit: Hyperbel; Drastik - Querverweis: ↑jmdn. einen Kopf kürzer machen; ↑jmdn. hängen sehen wollen; ↑jmdm. an den Kragen wollen; ↑jmdm./etw. geht es an den Kragen
* * *
Kopf: (für jmdn./etw.) den Kopf hinhalten (müssen)
Umschreibung: die Verantwortung für etw. übernehmen, das man nicht verschuldet hat [LDR: Kopf]; (für etwas) geradestehen müssen [DUO: Kopf]
Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Kopf‘ vgl. die Redewendung ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten.
Die vorliegende Wendung (für etw./jmdn.) den Kopf hinhalten (müssen) ist auf die Enthauptung als Form der Todesstrafe [vgl. DUR: Kopf], wie sie unter ↑Halsabschneiderei näher erläutert ist, zurückzuführen.
Muss jemand für eine andere Person oder Sache den eigenen Kopf hinhalten, wird damit im bildhaften Sinne zum Ausdruck gebracht, dass sie analog zur Verurteilten/zum Verurteilten, der die Todesstrafe in stellvertretender Position auf sich nimmt und damit den ultimativen Treuebeweis liefert, für diese voll und ganz einsteht. [GG] - Realienkundliches: Vgl. dazu die Wendung ↑Halsabschneiderei. - Diastratik: umgangssprachlich [LDR: Kopf; DUO: Kopf] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: frz.: porter le chapeau [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑sich (für jmdn./etw.) die/keine Hand abhacken (lassen); ↑(für jmdn./etw.) den Buckel hinhalten; ↑Prügelknabe; ↑für jmdn./etw. die/seine Hand ins Feuer legen/halten; ↑seinen Kopf in die Schlinge halten/stecken
* * *
Kopf: jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten
Umschreibung: jmds. Verderben sein, jmdn. ruinieren [DUR: Kopf]; jmdn. die Stellung o. Ä. kosten [DUO: Kopf]
Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Kopf‘, ‚Haupt‘ oder ‚Schädel‘ bezeichnend, weist die Formen ahd. koph (‚Schöpfgefäß‘, ‚Becher‘, ‚Hinterhaupt‘), mhd. kopf sowie koph (‚Trinkgefäß‘, ‚Becher‘, ‚Hirnschale‘, ‚Haupt‘), mnd. kop und koppe, mnl. cop (‚Schale‘, ‚Becher‘, ‚Haupt‘), nl. kop, aengl. cuppe, engl. cup im Sinne von ‚Becher‘ oder ‚Tasse‘ sowie anord. koppr (‚Tasse‘) auf. Allesamt stellen sie Entlehnungen aus spätlat. cuppa (‚Becher‘) dar. Das Verbum ‚köpfen‘, welches sich auf die Dekapitation bezieht, ist seit dem 14. Jh. belegt. [Vgl. WPE: Kopf].
Die sprichwörtliche Redensart jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten geht auf die Todesstrafe der Enthauptung zurück [vgl. DUR: Kopf; vgl. DWB1: kopf], die innerhalb der Wendung ↑Halsabschneiderei näher ausgeführt ist.
Kostet eine Sache jemanden den Kopf, wird vor dem Hintergrund des gerichtlich angeordneten Abschlagen des Hauptes im übertragenen Sinne ausgedrückt, dass man analog zur dekapitierten Person aufgrund eines spezifischen Umstandes seine Position verliert oder ruiniert ist. [GG] - Realienkundliches: Siehe dazu die metaphorische Redensart ↑Halsabschneiderei. - Diastratik: gehoben [DUR: Kopf] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: He'll have my head! [dict.cc] - Figuriertheit: Hyperbel; Drastik - Querverweis: ↑Kopf und Kragen kosten; ↑jmdn./etw. den Hals kosten; ↑jmdn. einen Kopf kürzer machen; ↑jmdn./etw. in Stücke reißen / in Stücke gerissen werden; ↑jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.)
* * *
Kopf: jmdn. einen Kopf kürzer machen
Umschreibung: jmdn. streng bestrafen, zur Rechenschaft ziehen; verdammen, ruinieren [GG]
Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Kopf‘ vgl. die sprichwörtliche Redensart ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten.
Die vorliegende Wendung jmdn./etw. (um) einen Kopf kürzer machen basiert auf der Hinrichtungsform der Enthauptung [vgl. ROE: Kopf], die innerhalb von ↑Halsabschneiderei präziser ausgeführt wird.
Die sprichwörtliche Redensart jmdn. einen Kopf kürzer machen findet im engeren Sinne im Rahmen einer ernstgemeinten Drohung oder eines realen Umstandes Verwendung, während sie im übertragenen auf eine harte Bestrafung anspielt, die analog zur Dekapitation einer verurteilten Person zu sehen ist. [GG] - Realienkundliches: Zur Dekapitation durch die Guillotine siehe ↑Halsabschneiderei. - Diastratik: salopp [eWDG: Kopf] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to chop sb's head off [PONS]; nl.: iem een kop(je) kleiner maken [PONS]; serb.: skratiti nekoga za glavu [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel; häufig ironisch oder scherzhaft [GG]; derb [eWDG: Kopf] - Querverweis: ↑jmdm. an den Kragen wollen; ↑jmdn. hängen sehen wollen; ↑jmds. Kopf fordern; ↑jmdm./etw. geht es an den Kragen; ↑ jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.); ↑jmdn. kreuzigen / gekreuzigt werden; ↑jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.); ↑jmdn./etw. in Stücke reißen / in Stücke gerissen werden; ↑jmdn./etw. den Hals kosten; ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten
* * *
Kopf: den Kopf unterm Arm tragen/haben
Umschreibung: sehr krank sein [DUR: Kopf]
Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Kopf‘ vgl. die Redewendung ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten.
Das Maskulinum ‚Arm‘, arm im Mhd., Asächs., Mnd., Mnl., Nl., Engl., Schwed., arm bzw. earm im Aengl., armr im Anord. und arms im Got. lautend, fußt auf der ie. Wurzel *ar(ə)- (‚zusammenfügen, passen’). In ahd. Zeit wird das Wort auch zur Bezeichnung der ‚Querbalken des Kreuzes‘, als Ausdruck von ‚Macht‘ und ‚Stärke‘ verwendet, während es im Mhd. zusätzlich auf ‚Ranke‘, ‚Zweig‘ oder ‚Abzweigung eines Wasserlaufs‘ referiert. Das Bedeutungsspektrum erweitert sich in späterer Zeit, wo die Bezeichnung ‚Arm‘ Anwendung auf maschinelle, technische Bestandteile findet. [Vgl. WPE: Arm].
Die sprichwörtliche Redensart den Kopf unterm Arm tragen/haben entstammt der Todesstrafe durch Enthauptung, wie sie innerhalb von ↑Halsabschneiderei spezifiziert wird, mit dem Zusatz, dass sie in Bezug auf die Exekution von Märtyrern zu denken ist. Legenden bzw. dem Volksglauben zufolge sollen bspw. enthauptete Heilige wie Dionysius post mortem und ihren Kopf tragend, in der Lage gewesen sein, Schritte zu absolvieren. [Vgl. ROE: Kopf; vgl. DUR: Kopf].
Die verbleibenden Lebenskräfte, die nach einer erfolgten Enthauptung die Heiligkeit sowie Unschuld einer Person symbolisieren sollen, fungieren als Bildspender für die metaphorische Wendung um auszudrücken, dass man zwar noch einen letzten Rest an Energie hat, jedoch sehr schwach ist und quasi mit einem Bein bereits im Grab steht. [GG] -
Realienkundliches: 3. Klaus Störtebeker. — Der berühmteſte Anführer der Vitalienbrüder hieſz Klaus Störtebeker aus Wismar. Im Ribnitzer Binnenſee hatte er ſeinen Schlupfwinkel. Nach der Freilaſſung des Königs begab er ſich mit ſeinen Geſellen in die Nordſee und ſetzte dort ſein böſes Handwerk fort. Sein Schiff führte den Namen „Roter Teufel"; die Maſten desſelben waren, wie ſich das Volk erzählte, mit Gold ausgegoſſen. Endlich im Jahre 1401 ward Störtebeker bei Helgoland von der Mannſchaft eines Hamburger Schiffes, der „Bunten Kuh aus Flandern", überwältigt und gefeſſelt nach Hamburg geführt. Um ſich die Freiheit zu erkaufen, ſoll er verſprochen haben, eine goldene Kette zu liefern, die dreimal um Hamburg führte. Die Hamburger wieſen dieſes Anerbieten zurück. Störtebeker wurde zur Richtſtätte geführt. Ehe er dem Henker überliefert ward, bat er darum, daſz allen ſeinen Geſellen, bei denen er nach ſeiner Hinrichtung noch vorbeiliefe, das Leben geſchenkt ſein ſolle. Und wirklich ſoll, als ihm der Kopf abgeſchlagen war, der Rumpf bis zum fünften Mann gegangen ſein. Da warf ihm der Henker einen Klotz vor die Füſze. Der Enthauptete ſtolperte, fiel hin und vermochte ſich nicht wieder zu erheben. Bald erlitt Störtebekers Gefährte, Gödeke Michael, gleichfalls den Tod durch Henkershand. [Benjes 1903, S. 132]
Zur Dekapitation durch die Guillotine siehe ↑Halsabschneiderei.
Diastratik: umgangssprachlich [DUR: Kopf] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Figuriertheit: Komik; Drastik; Hyperbel; scherzhaft
* * *