Sisyphosarbeit
Sisyphosarbeit: Sisyphosarbeit/Sisyphusarbeit
Umschreibung: schwere und sinnlose, nie ans Ziel führende Arbeit [eWDG: Sisyphusarbeit]; sinnlose, vergebliche Anstrengung [DUO: Sisyphusarbeit; Sisyphosarbeit]
Analyse der Bedeutung: Das feminine Kompositum ‚Sisyphusarbeit‘ entstand im 19. Jh. und bezeichnet in Anlehnung an die mythologische Figur des Sísyphos (Σίσυφος) bzw. lat. Sisyphus, der mit einer nie enden wollenden Arbeitsstrafe durch die Götter belastet wurde, eine ‚schwere, vergebliche Arbeit‘ oder eine ‚sinnlose Anstrengung‘. Aufgrund dessen, dass er Götter verärgerte, ist er dazu verdammt, einen Stein auf den Gipfel eines Berges zu rollen, wobei es ihm stets knapp vor dem Ziel misslingt und der Stein wieder hinunterrollt. Somit muss Sisyphus mit seiner Arbeit erneut von vorne beginnen. [Vgl. WPE: Sisyphus; vgl. DUO: Sisyphusarbeit; Sisyphosarbeit].
Die metaphorische Wendung Sisyphosarbeit/Sisyphusarbeit führt folglich auf die in der homerschen Odyssee dokumentierten Strafe des Hades an Sisyphus zurück, die dieser wegen seines heimtückischen und profitorientierten Charakters erhält. [Vgl. ROE: Sisyphus; vgl. LDR: Sisyphusarbeit]. Trotz mythologischen Charakters ähnelt sie einer sog. Arbeitsstrafe, [GG] die in einem weiteren Sinne vor allem während des 17. und 18. Jhs. zu den Leibesstrafen gerechnet wird. Sie gilt als besonders physisch strapazierend, manifestiert sich bspw. in der Galeerenstrafe, dem Schiffziehen, den Schanz- und Festungsarbeiten oder Arbeiten an Straßen und im Steinbruch und führte häufig dazu, dass die verurteilte Person dabei zu Tode kommt. [Vgl. HRG-AD: Leibesstrafen].
Je nach griechischem oder lateinischem Vorbild kann zwischen den beiden Schreibweisen ‚Sisyphos‘ oder ‚Sisyphus‘ gewählt werden. Wie aktuelle Medienberichte erkennen lassen, wird sich des Bildes des ewig schuftenden Sisyphus mitsamt seinem Stein häufig und in vielerlei abgewandelten Varianten bedient, um mühselige Arbeitskreisläufe oder (drohende) repetitive anstrengende Situationen metaphorisch auszuschmücken. So z. B. vereinzelte und daher nicht etablierte Formulierungen wie der Stein des Sisyphos steht auf der Kippe [Logistik Heute, Gastkommentar: Logistik-IT - Warum es jetzt auf digitale Resilienz ankommt, 21.04.2021], wälzen wir alle gerade einen großen Stein durchs Homeoffice? [Südwestrundfunk, Sisyphos im Homeoffice - Camus und Corona, 24.04.2020], Wie Sisyphus mit seinem Stein [Luzerner Zeitung, Fischen gehen oder nicht?, 14.07.2021] in der Form eines Vergleichs, oder die Formulierung Sisyphus hat den Stein hinaufgebracht [Die Presse, Heinz Faßmann: „Bei mir werden Sie kaum Emojis finden“, 29.05.2021], um scheinbar schier Unmögliches auszudrüchen. [GG] - Entstehungszeit: 19. Jh. [WPE: Sisyphusarbeit] -
Realienkundliches: In seiner Odyssee [XI, V. 593–600] berichtet der griechische Dichter Homer im 8./7. Jh. v. Chr. darüber, dass Odysseus in der Unterwelt u. a. den schuftenden Sisyphos bei seiner Arbeit erblickt:
Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert,
Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
Angestemmt, arbeitet' er stark mit Händen und Füßen,
Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt' er ihn jetzo
Auf den Gipfel zu drehn: da mit einmal stürzte die Last um;
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
Und von vorn arbeitet' er, angestemmt, daß der Angstschweiß
Seinen Gliedern entfloß, und Staub sein Antlitz umwölkte. [Voß 1990, 593–600]
Diastratik: bildungssprachlich [DUO: Sisyphusarbeit] - Interlingual Kompatibles: dän.: sisyfosarbejde [PONS]; engl.: Sisyphean task [PONS]; frz.: travail de Sisyphe [PONS]; nl.: sisyfusarbeid [PONS]; slowen.: Sizifovo delo [PONS]; span.: trabajo de nunca acabar [o de Sísifo] [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel; Deonym - Querverweis: ↑Danaidenarbeit; ↑(in der) Tretmühle (stecken)
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