Stücke
Stücke: jmdn./etw. in Stücke reißen / in Stücke gerissen werden
Umschreibung: jmdn./etw. ruinieren, vernichten, besiegen / ruiniert, vernichtet, besiegt werden [GG]
Analyse der Bedeutung: Das Neutrum ‚Stück‘, zum einen als ‚Teil eines Ganzen, für sich bestehendes, eigenes Ganzes‘, auch ‚gezähltes Exemplar‘ sowie ‚Schauspiel, musikalische Komposition‘ und als Maßbezeichnung lässt sich auf ie. *(s)teu- in der Bedeutung von (‚stoßen, schlagen’) zurückführen. Die Form wird im Ahd. als stucki (‚Teil, Abschnitt eines Ganzen, Brocken, Rinde, Kruste), im Mhd. als stück(e) bzw. stuck(e) (‚Teil, Abschnitt, Artikel, einzelner ganzer Gegenstand, Ding, Art und Weise, bestimmtes Maß’, im Asächs. als stukki, im Mnd. als stücke, im Mnl. als stucke, stuc, im Nl. als stuk, im Aengl. als stycce, im Anord. als stykki und im Schwed. als styck realisiert. Germ. *stukkja- liegt dabei zugrunde. [Vgl. WPE: Stück].
Die Verbalform ‚reißen‘ in der Bedeutung von ‚entzwei-, auseinandergehen, gewaltsam (in einzelne Teile) auseinandertrennen, an etw. ziehen, zerren, sich teilen, trennen, lösen, (von Raubtieren) ein Beutetier töten’ geht von der ie. Wurzel *u̯er- (‚aufreißen, ritzen’) aus. Ahd. rīʒan bedeutet zunächst ‚einritzen, schreiben‘, wohingegen mittels mhd. rīʒen auch ‚reißen, zerreißen‘ oder ‚zeichnen’ gemeint ist. [Vgl. WPE: reißen].
In gleicher Weise wie die sprichwörtliche Redensart sich für jmdn. in Stücke reißen lassen, die aufgrund ihrer fehlenden nachweisbaren aktuellen Verwendung keinen Einzug in die Sammlung gefunden hat, bezieht sich die vorliegende metaphorische Wendung jmdn./etw. in Stücke reißen auf die Hinrichtungsform der Vierteilung [vgl. LDR: Stücke]. Zur konkreten Praxis besagter Todesstrafe vgl. den Eintrag der Wendung ↑jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.).
Ist man dazu gewillt, jemanden oder eine Sache im metaphorischen Sinne in Stücke zu reißen, intendiert man damit, die gemeinte Person oder das Betreffende endgültig zu vernichten und vollkommen zu ruinieren, und zwar in rücksichtslosester Art und Weise. Als motivierender Ursprung fungiert die zum Tode verurteilte Person, deren Leib durch die Zugkraft von Tieren zerrissen wird. [GG] - Realienkundliches: Siehe die Einträge innerhalb der Redensart ↑jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.). - Diastratik: umgangssprachlich; salopp [GG] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to tear sb to shreds [PONS]; frz.: déchirer qc en morceaux [PONS]; ital.: fare a fette qn [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑jmdn. einen Kopf kürzer machen; ↑jmdn./etw. den Hals kosten; ↑jmdm./jmdn./etw. den Kopf kosten; ↑jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.)
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