Zweig
Zweig: auf den/einen grünen Zweig kommen
Umschreibung: wirtschaftlichen, unternehmerischen, finanziellen, sportlichen o. ä. Erfolg haben; es zu etwas bringen, viel erreichen [ZDL: auf den grünen Zweig kommen]
Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Zweig‘ (‚Seitentrieb eines Astes‘) wird im Ahd. als zwīg, im Mhd. als zwīc, im Mnd. als twīch, im Mnl. als twijch, im Nl. als twijg, im Aengl. als twigge oder twig, im Engl. als twig realisiert und leitet sich wie die genannten Formen aus germ. *twī̌ga- und ie. *du̯eigho- oder *du̯igho- ab. [Vgl. WPE: Zweig].
Was den historischen Ursprung der sprichwörtlichen Redensart anbelangt, bestehen mehrerer Annahmen: Erstens könnte sie über die implizierte Farbensymbolik von Grün aus der Assoziation mit Wachstum und Gedeihen geprägt worden sein. Zweitens existiert die These, dass sich die Redewendung aus dem Turnierwesen bzw. dem Überreichen eines grünen Astes an den Sieger ableitet. Drittens könnte dabei an einen spezifischen historischen Rechtsakt, der bis ins 17. Jh. nachweisbar ist, gedacht werden, bei welchem im Zuge des Grundstücksverkaufs aus symbolischen Gründen ein Reis, ein Halm oder eine Scholle der erwerbenden Person geschenkt wurde. [Vgl. ROE: Zweig; vgl. LDR: Zweig; vgl. DWB1: zweig; vgl. DUR: Zweig; vgl. DUO: Zweig; vgl. DRW-WA: Reis I].
Anknüpfend an den rechtlichen Kontext, gelangte eine Person zu einem grünen Zweig, wenn der Verkauf erfolgreich abgeschlossen wurde. Die implizierte Bedeutung des Gelingens resp. des Erfolges wird, davon motiviert, im übertragenen Sinne durch die Redensart auf den/einen grünen Zweig kommen zum Ausdruck gebracht. [GG] -
Realienkundliches: Innerhalb der Coutumes des pays duché de Luxembourg et comté de Chiny beschreibt eine Regelung des Jahres 1588 die Übergabe eines Halmes beim Verkauf des Erbgutes unter Anwesenheit des Richters sowie zwei bis drei Gerichtspersonen im Freien oder unter Dach in der Stadt. Für die kostenpflichtige Rechtshandlung muss die Zustimmung der Frau des Verkäufers eingeholt werden:
49. Item welcher dem andern erbgutt verkaufft, moesz der verzicht und ufftragh vor dem richter zweier oder dreier gerichts personnen under dem freien himmel oder der Statt hällen, mit diesen folgenden Cieremonien, als nemlichen mitt uberreichungh des halms auch mitt diesen ausztrucklichen wortten so der verkauffer zu dem käuffer sagt, Ich ernterbe mich und die meine und erbe dich und deine Erben; woll verstanden wannehr ein verkauff durch Eheleuth und in gantzem Beth beschieht musz des weibs bewilligungh darbey sein, sunsten ist der kauff nicht krefftigh; und kost ein solcher verkauff oder verzicht acht stuber und dem Richter ein stuber urkundts, und sein die gericht verner nicht schuldigh den kauff zu verhalten dan Jair und tagh, will sich der keuffer dan besser versorgen lassen, kan er sovern er will brieff und siegell daruber thun uffrichten; kost der siegel von einem inwendigen burger acht stuber und von einem auszwendigen ein golt gulden. [Leclercq 1867/1887, S. 230]
Diastratik: umgangssprachlich [ZDL: auf den grünen Zweig kommen] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: isl.: vera á grænni grein [PONS]; kroat.: doći na zelenu granu [PONS]; schwed.: komma på grön kvist [PONS]
* * *
Zweig: auf keinen/nie auf einen grünen Zweig kommen
Umschreibung: wirtschaftlich, finanziell, sportlich o. ä. erfolglos sein; wenig erreichen, es zu nichts bringen [ZDL: auf keinen grünen Zweig kommen]
Analyse der Bedeutung: Zu etymologischen Aspekten und den möglichen Theorien hinsichtlich der Herleitung vgl. ↑auf den/einen grünen Zweig kommen. - Entstehungszeit: Ende 15. Jh. [DWB1: zweig] - Realienkundliches: Siehe dazu ↑auf den/einen grünen Zweig kommen. - Diastratik: umgangssprachlich [ZDL: auf keinen grünen Zweig kommen] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: kroat.: ne doći na zelenu granu [PONS]; schwed.: inte komma på grön kvist [PONS]; serb.: ne doći na zelenu granu [PONS]; slowen.: ne priti na zeleno vejo [PONS]; span.: no vender ni una escoba [PONS]
* * *