Blatt
Blatt: etwas steht auf einem anderen Blatt
Umschreibung:
- etwas gehört nicht in diesen Zusammenhang [DUW: Blatt]; etwas bleibt vorerst unerörtert, wird jetzt nicht besprochen [Kü: Blatt]
- etwas ist sehr zweifelhaft [DUW: Blatt]
Analyse der Bedeutung: In dieser Wendung geht das Blatt auf den Bereich der Schriftlichkeit zurück [vgl. Rö: Blatt], gemeint ist ein Blatt in einem Buch. In der ersten Bedeutung wird darauf verwiesen, dass ein bestimmter Sachverhalt im aktuell diskutierten Zusammenhang nichts zu suchen hat, folglich später behandelt werden kann, wenn das sinnbildliche Blatt aufgeschlagen wird. In der zweiten Bedeutung wird auf Unsicheres, Zweifelhaftes verwiesen, das man momentan nicht beweisen kann, sondern das - wenn überhaupt - auf einem anderen Blatt steht, also durch einen etwaigen späteren Beweis verifizierbar wird. [WH] - Entstehungszeit: 19. Jh. [Kü: Blatt] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl. that is another story [dict.cc] - Querverweise: ein anderes Kapitel; ein Kapitel für sich sein
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Blatt: Angst vor dem leeren Blatt
Umschreibung: eine Schreibblockade; schreiben wollen (oder müssen), aber nicht anfangen können [WH]
Analyse der Bedeutung: Das Blatt meint in diesem Fall ein leeres Blatt Papier, welches seiner Beschreibung harrt. Wenn jemand Angst vor dem leeren Blatt hat, schafft er es nicht, das Blatt zu beschreiben und ihm damit die ursprüngliche Leere zu nehmen; er leidet also unter einer Schreibblockade. [WH] - Semantische Prozesse: phraseologisiert
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Blatt: ein/kein unbeschriebenes Blatt
Umschreibung:
- noch unbekannt sein [DUW: Blatt]
- unwissend, unerfahren, harmlos sein [Rö: Blatt]
Analyse der Bedeutung: Von einem unbeschriebenen Blatt kann man nichts erfahren, weil es keine Informationen enthält. In derselben Art und Weise sind auch Dinge oder Personen, die als unbeschriebene Blätter bezeichnet werden, noch unbekannt. [WH] Ein möglicher Ursprung der Redewendung könnte in unbeschriebenen Blättern von Polizei- und Gerichtsakten von Personen, gegen die nichts vorliegt, zu finden sein [vgl. Kü: Blatt]. Wenn jemand hingegen kein unbeschriebenes Blatt ist, so ist er bereits bekannt, wobei diese Zuschreibung meist negativ konnotiert ist. Die zweite Bedeutung der Wendung geht auf Aristoteles (De anima III, 4) zurück, wo er von einer (Wachs-)tafel spricht, auf der in Wirklichkeit nichts geschrieben steht; Plutarch ersetzt die Tafel durch das Blatt. Der Begriff der tabula rasa bezieht sich auf dieses Konzept, das eine Person am Anfang des Lernvorgangs als unbeschriebene Tafel bzw. unbeschriebenes Blatt, im Sinne von 'unwissend' und 'ohne Erfahrung' wahrnimmt [vgl. Rö: Blatt]. - Entstehungszeit: 19. Jh. [Kü: Blatt] - Diastratik: ugs. [DUW: Blatt] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: swe. att vara ett oskrivet blad [dict.cc]; fr. être une page blanche [Kü: Blatt]
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Blatt: Blätterwald
Umschreibung: Vielzahl von Zeitungen verschiedener Richtung [DUW: Blätterwald; WDG: Blätterwald]; Gesamtheit der Zeitungspresse u.ä. [Kü: Blätterwald]
Analyse der Bedeutung: Ein Bogen von Papier oder Pergament bzw. eine Buchseite wird bereits im Althochdeutschen als Blatt bezeichnet [vgl. Pf: Blatt]. Für Zeitungen wurde Blatt um 1750 üblich, es stellt eine Verkürzung aus Intelligenzblatt dar [Kü: Blatt]. Der Blätterwald ist eine scherzhaft-ironische Bezeichnung für die Gesamtheit aller Zeitungen, wobei die einzelnen Zeitungen (Blätter) in Analogie zu den Laubblättern des Waldes gesehen werden. [WH] - Entstehungszeit: spätes 19. Jh. [Kü: Blätterwald] - Figuriertheit: scherzhaft [DUW: Blätterwald; WDG: Blätterwald] - Querverweise: etwas rauscht im/durch den Blätterwald; ein Rauschen im Blätterwald; Boulevardblatt; Groschenblatt; Revolverblatt
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Blatt: etwas rauscht im/durch den Blätterwald; ein Rauschen im Blätterwald
Umschreibung: die Presse macht großes Aufheben von einer bestimmten Sache [DUW: Blätterwald]; ein Ereignis wandert durch alle Zeitungen und wird so an die Öffentlichkeit gebracht [Rö: Blatt]
Analyse der Bedeutung: Als Blätterwald wird die 'Vielzahl von Zeitungen verschiedener Richtungen' [DUW: Blätterwald] bezeichnet. (Vgl. auch den Beleg Blätterwald). Analog zum Laubwald, dessen Bäume Blätter tragen, die bei Wind rauschende Geräusche von sich geben, wird hier im übertragenen Sinn ein Wald aus Zeitungsblättern imaginiert. Wenn es in diesem Wald rauscht, so geht eine imaginäre Bewegung durch die Zeitungen, welche sich mit Sensationsmeldungen zu einem aufregenden oder kontroversiellen Thema gegenseitig zu überbieten versuchen. [WH] - Entstehungszeit: 1900ff. [Kü: Blätterwald] - Diastratik: ugs. [DUR: rauschen] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Figuriertheit: scherzhaft [DUW: Blätterwald] - Querverweise: Blätterwald; Schlagzeilen machen; für Schlagzeilen sorgen
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Blatt: Boulevardblatt
Umschreibung: sensationell aufgemachte Zeitung, die besonders mit Gesellschaftsklatsch u.Ä. ihre Leser unterhält [DUW: Boulevardzeitung]
Analyse der Bedeutung: Bereits seit dem 18. Jh. wurden Zeitungen als Blatt (Verkürzung aus Intelligenzblatt) bezeichnet [vgl. Kü: Blatt]. Die Bezeichnung Boulevardblatt rührt vom ursprünglichen Vertriebsweg dieser Zeitungen her, da sie überwiegend im Straßenverkauf vertrieben wurden [vgl. DUW: Boulevardpresse]. Die Gesamtheit vergleichbarer minderqualitativer Druckerzeugnisse wird Boulevardpresse genannt. Diese Begriffe sind aber immer nur pejorative Fremdzuschreibungen, die Zeitungen selbst verwenden sie nicht. [WH] - Entstehungszeit: Ende 19. Jh. [Pf: Boulevard] - Semantische Prozesse: pejorativ [DUW: Boulevardpresse] - Figuriertheit: Metonymie - Interlingual Kompatibles: isl. götublað [dict.cc]; nl. boulevardblad [Kl: Boulevard-Blatt]; nor. bulevardblad [Kl: Boulevard-Blatt]; frz. feuille boulevardière [Kl: Boulevard-Blatt] - Querverweise: Revolverblatt; Groschenblatt; Blätterwald
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Blatt: Groschenblatt
Umschreibung: eine sensationell aufgemachte, anspruchslose, billige Zeitung [DUW: Groschenblatt]
Analyse der Bedeutung: Der Groschen als kleinste Währungseinheit motiviert den Begriff des Groschenblattes. Dabei handelt es sich um eine intellektuell anspruchslose Zeitung, welche besonders billig zu haben ist und deren Machart sich statt an journalistischer Qualität nur an der Auflagenstärke orientiert, die besonders durch sensationslüsterne Aufmachung und niedrige Verkaufspreise angetrieben wird. [WH] - Realienkundliches: Die Zeitung wurde bereits ab der Mitte des 18. Jh. als Blatt (Verkürzung aus Intelligenzblatt) bezeichnet [vgl. Kü: Blatt]. Der Groschen war eine in Deutschland bis ins 19. Jh. geprägte Silbermünze [vgl. Pf: Groschen], in Österreich bildeten 100 Groschen bis zur Einführung des Euros einen Schilling. Der Groschen war dabei jeweils die kleinste Währungseinheit. - Semantische Prozesse: pejorativ [DUW: Groschenblatt] - Figuriertheit: Metonymie - Querverweise: Boulevardblatt; Revolverblatt; Blätterwald
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Blatt: Revolverblatt
Umschreibung: reißerisch aufgemachte Zeitung, die in der Hauptsache von zu Sensationen aufgebauschten Vorkommnissen und Kriminalfällen berichtet [DUW: Revolverblatt]; Skandalzeitung für die breite Masse [Kü: Revolverblatt]
Analyse der Bedeutung: Als Revolverblätter werden Zeitungen bezeichnet, die in erster Linie von Kriminalfällen berichten, also von Vorkommnissen, welche häufig die Verwendung eines Revolvers (oder einer anderen Waffe) einschließen. Diese Zeitungen dienen nicht der Information, sondern der Befriedigung von Sensationsgier. Der Begriff wird nur als pejorative Fremdzuschreibung verwendet, jedoch nicht von den Blättern selbst. [WH] - Entstehungszeit: 1870ff. [Kü: Revolverblatt] - Semantische Prozesse: pejorativ [DUW: Revolverblatt] - Figuriertheit: Metonymie - Interlingual Kompatibles: engl. gutter paper [dict.cc]; swe. blaska [dict.cc] - Querverweise: Boulevardblatt; Groschenblatt; Blätterwald
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Blatt: kein/ein Ruhmesblatt
Umschreibung:
- etwas sein, dass keine Anerkennung verdient bzw. worüber man beschämt sein sollte [vgl. DUR: Ruhmesblatt]; unrühmlich sein, kein Lob verdienen [Fr: Ruhmesblatt]; keine herausragende, ruhmwürdige Leistung o.Ä. [DUW: Ruhmesblatt]
- bzw. positiv: eine herausragende, ruhmwürdige Leistung o.Ä. [DUW: Ruhmesblatt]; Anerkennung und Lob verdienen [WH]
Analyse der Bedeutung: Das Ruhmesblatt verweist eventuell auf ein Blatt aus einer ruhmvollen Geschichte [DUW: Ruhmesblatt; DUR: Ruhmesblatt]. Wenn etwas also kein Ruhmesblatt für jemanden ist, dann würde man die Handlung, Geisteshaltung etc. dieser Person nicht in einer ruhmvollen Geschichte verzeichnet finden. Seltener findet sich aber auch die positive Wendung: ein Ruhmesblatt für 'herausragende Leistungen, auf die man stolz sein kann' [vgl. DUR: Ruhmesblatt]. - Diastratik: bildungssprachlich [WDG: Ruhmesblatt] - Interlingual Kompatibles: engl. glorious chapter [dict.cc]; ita. pagina gloriosa [dict.cc]; spa. página de gloria [leo.org] - Querverweise: Armutszeugnis
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