Buchstabe I
Buchstabe I: bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen
Umschreibung: bis auf das Letzte sorgfältig, genau [Rö: i]; genauestens [DUR: Tüpfelchen]
Analyse der Bedeutung: Jemand, der eine Sache bis auf das letzte i-Tüpfelchen erfüllt, ist übergenau in der Erfüllung. Im übertragenen Sinn geht die Genauigkeit desjenigen so weit, dass auf keinem i ein Tüpfelchen (also der i-Punkt) vergessen wird, was ansonsten in der Eile des (handschriftlichen) Schreibens schnell der Fall sein kann. - Realienkundliches: Die Markierung des i-Buchstaben mit einem Punkt kam erst im Laufe des Mittelalters in Gebrauch, die Verwendung des i-Punkts in Frequenz und Position ist so stark schreiberabhängig, dass der i-Punkt (gemeinsam mit anderen herausragenden Merkmalen) zur Identifizierung von Schreiberhänden genutzt werden kann, wie dies im Grazer Projekt DAMalS (Datenbank zur Authentifizierung mittelalterlicher Schreiberhände) erfolgreich durchgeführt wurde [vgl. Die i-Tüpferl-Reiter der mittelalterlichen Schriften, Q-P, 07.10.2008]. - Entstehungszeit: 19. Jh. [Kü: Tüpfelchen] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Figuriertheit: Hyperbel - Interlingual Kompatibles: engl. correct to a dot [leo.org] - Querverweise: i-Tüpferl-Reiter; (um) kein Jota; das Tüpfelchen auf dem i; Buchstabenreiter; Paragraphenreiter; auf Punkt und Beistrich/Komma; sich an den/die Buchstaben des Gesetzes halten; nach den Buchstaben des Gesetzes
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Buchstabe I: das Tüpfelchen auf dem i
Umschreibung: die letzte, alles abrundende Kleinigkeit [DUR: Tüpfelchen]; die Zutat, die einer Sache noch die letzte Abrundung gibt [DUW: Tüpfelchen]; der kleine Umstand, der eine Sache vervollkommnet [Kü: Tüpfelchen]
Analyse der Bedeutung: Der i-Punkt setzte sich im Laufe der Schriftgeschichte langsam zur besseren Erkennbarkeit des Buchstaben i durch. Dementsprechend kann der Punkt als jene Sache angesehen werden, die dem Buchstaben i die letzte Abrundung gibt [vgl. DUW: Tüpfelchen], weil er erst damit eindeutig zu identifizieren ist. Ein Tüpfel (Diminutivform von Tupfen) bezeichnet seit dem 15. Jh. einen 'kleinen Tupfen, Punkt oder Farbfleck', davon wurde im 17. Jh. erneut eine Diminutivform gebildet, nämlich Tüpfelchen, das einen 'kleinen Tüpfel' bzw. ein 'Pünktchen' bezeichnet [vgl. Pf: Tüpfel]. Wenn etwas im übertragenen Sinn das Tüpfelchen auf dem i ist, so stellt es die letzte Kleinigkeit dar, die zur Vollkommenheit einer Sache fehlte. Meist wird die Wendung positiv konnotiert, sie kann aber auch in einem negativen Sinn verwendet werden, wenn es sich um die letzte Kleinigkeit einer als schlecht empfundenen Sache oder Entwicklung handelt (vgl. den ersten aktuellen Beleg). [WH] - Realienkundliches: Zum i-Punkt vgl. Realienkundliches beim Beleg bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen - Entstehungszeit: 1800ff. [Kü: Tüpfelchen]; Mitte 19. Jh. [Pf: Tüpfel] - Diastratik: Friederich und das WDG kennzeichnen die Wendung als ugs. [WDG/Fr: Tüpfelchen], obwohl sie bildungssprachlich wirkt. Vielleicht soll der Einsatz des Phraseo-logismus im Schriftgebrauch kritisiert werden, weil er zu klischeehaft ist. [WH] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl. to be the final touch [dict.cc]; fr. être le point sur le i [leo.org] - Querverweise: bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen; i-Tüpferl-Reiter
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Buchstabe I: i-Tüpferl-Reiter
Umschreibung: kleinlicher, übertrieben genauer Mensch [ÖWB: i-Tüpferl-Reiter]; Pedant [DUO: i-Tüpferl-Reiter]
Analyse der Bedeutung: Die Bedeutung des Wortes "reiten" war ursprünglich weiter und umschloss 'reiten, fahren, sich bewegen' [Pf: reiten], woraus die übertragene Bedeutung 'sich stark mit etwas abgeben' [Paul: reiten] abgeleitet wurde. Das i-Tüpfelchen ist das letzte Detail des Buchstaben, dessen Fehlen die Lesbarkeit nur bedingt beeinträchtigt. Wenn ein Schreiber jeden i-Punkt penibel setzt, kann dies ein Zeichen von Pedanterie sein. Ein i-Tüpferl-Reiter ist daher jemand, der streng an schriftlich Vorliegendem festhält bzw. sich allgemein pedantisch verhält. [WH] - Realienkundliches: Zum i-Punkt vgl. Realienkundliches beim Beleg bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen - Diatopik: österr. [DUO: i-Tüpferl-Reiter] - Diastratik: ugs. [ÖWB: i-Tüpferl-Reiter] - Semantische Prozesse: pejorativ; Univerbierung aus einem Phraseologismus heraus - Querverweise: das Tüpfelchen auf dem i; Buchstabenreiter; Paragraphenreiter; Federfuchser; bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen; auf Punkt und Beistrich/Komma; sich an den/die Buchstaben des Gesetzes halten; nach den Buchstaben des Gesetzes
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Buchstabe I: (um) kein Jota
Umschreibung: in Bezug auf eine Abweichung von etwas: nicht im Allermindesten, nicht im Geringsten [DUW: Jota]; nicht ein bisschen, überhaupt nicht(s) [Fr: Jota]
Analyse der Bedeutung: Jota ist der kleinste Buchstabe des griechischen Alphabets und dient hier zur Bezeichnung von etwas Winzigem, Geringem [DUR: Jota]. Wenn man bei einer Sache um kein Jota abweicht, so verweigert man im übertragenen Sinn die geringste Änderung der eigenen Position. [WH] - Realienkundliches: Die Verwendung von Jota als kleinstem griech. Buchstaben im übertragenen Sinn für etwas Winziges findet man bereits in der Bibel: "Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist." (jota unum aut unus apex non praeteribit a lege) (Matth. 5,18) [vgl. DUR: Jota]. Die Anmerkung der Einheitsübersetzung (1980) zu Matth. 5,18 weist darauf hin, dass man auch mit "nicht ein Jota" oder "nicht ein kleiner Strich an einem Buchstaben" übersetzen könnte. - Entstehungszeit: vermutlich 16. Jh. [Pf: Jot, Jota] - Diastratik: bildungssprachlich [DUW: Jota] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Figuriertheit: Hyperbel - Interlingual Kompatibles: swe. inte ett jota ('kein bisschen') [dict.cc] - Querverweise: bis aufs (letzte) (i-) Tüpfelchen
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