Würfel
WÜRFEL: (sich) etwas auswürfeln
Umschreibung: 1. Entscheidungen treffen, die nicht nachvollziehbar und wie zufällig getroffen scheinen [JE] 2. etwas untereinander vereinbaren, das (für Außenstehende) nicht wie durch den Zufall entschieden worden zu sein scheint [JE]
Historische Analyse: Im eigentlichen Sinn bedeutet "auswürfeln" "durch Würfel entscheiden" [DUW, 241]. Das Ergebnis eines Wurfs kann von einem Spieler nicht beeinflusst werden und ist in hohem Maß vom Zufall abhängig. Für die übertragene Bedeutung des Verbs war daher das Moment des Zufalls motivierend: Der Prozess des Findens von Entscheidungen oder Vereinbarungen, die aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit o.Ä. wie zufällig wirken, wird daher als "auswürfeln" bezeichnet. [JE] - Entstehungszeit: - Gebräuchlichkeit: ugs. - Faux Amis: - Fremdsprachen:
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WÜRFEL: Die Würfel sind gefallen
Umschreibung: die Entscheidung ist gefallen [DUW, 2033]; eine Entscheidung wurde getroffen (jetzt gibt es kein Zurück mehr) [DRW, 889]; der Entschluß [sic!] ist gefaßt [sic!], die Entscheidung ist endgültig [Rö, 1747]
Historische Analyse: Die Überschreitung des Rubikons, der die Grenze zwischen der Provinz Gallia Cisalpina und Italien (das zu dieser Zeit noch keine Provinz war) darstellte, die Caesar am 10./11.1.49 v. Chr. Mit bewaffneten Truppen, die er trotz Aufforderung durch den Senat nicht entlassen wollte, unternahm, läutete den Bürgerkrieg gegen Pompeius ein. Bei der Überquerung des Flusses soll Caesar - wie Plutarch berichtet - Menander zitiert haben - als gebildeter Römer natürlich in griechischer Sprache: anerriphtho kybos (ἀνερρίφθω κύβος) (Plutarch, Caesar 32, 5 zit. Nach Bartels 2003, 37). Die deutsche Übersetzung "Der Würfel ist gefallen" (bzw. die geläufigere, die aus einem Würfel mehrere macht: "Die Würfel sind gefallen") entspricht weder der historischen Situation noch dem griechischen Text: Caesar wollte den Augenblick des Wagnisses bezeichnen und griff deshalb auf Menander zurück. Bei ἀνερρίφθω handelt es sich um eine Imperativform, die richtige Übersetzung wäre daher: "Der Würfel sei hochgeworfen [und das Wagnis beginne]". Die lateinische Variante der Zitats findet sich zuerst bei Sueton, der sie mit alea iacta est übersetzte und somit eine Imperativform durch eine Partizipialkonstruktion austauschte, womit er die eigentlich - bezogen auf den griechischen Urtext - falsche Tradierung des Zitats in Gang setzte. Caesar selbst erwähnt diese Episode in seinem Bellum civile übrigens nicht. (Vgl Bartels 2003, 37-38) Menander benützte das Bild des Würfels, der hochgeworfen wird und bei dem noch offen ist, welche Augenzahl obenauf sein wird, um auszudrücken, dass etwas in Gang gesetzt werden würde, dessen Ergebnis nicht vorhersehbar sein werde: Daher bediente sich Caesar wohl dieses Zitats, um seine - aus Sicht des Senats ungeheuerliche - Tat zu beschreiben. Suetons Variante und deren deutsche Übersetzung (ob nun fälschlicherweise im Plural oder nicht) zielen auf eine andere Semantik: Der Würfel ist gefallen, eine Augenzahl ist obenauf und nicht mehr zu ändern. Im übertragenen Sinne wird so ausgedrückt, dass etwas begonnen wurde, das nicht mehr rückgängig gemacht werden könne, da der point of no return bereits erreicht wurde. [JE] - Entstehungszeit: - Gebräuchlichkeit: bildungssprachlich - Faux Amis: - Fremdsprachen: frz.: les dés sont joués [Rö, 1747] engl.: the dice is cast [dict.cc]
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