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Bau

Bau: in den Bau wandern

Umschreibung: mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden [DUO: Bau]

Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Bau‘ in seiner heutigen wörtlichen Bedeutung von ‚Errichtung, Gebäude, Struktur‘ lautet im Ahd. , womit eine ‚Wohnung’ bezeichnet wird, im Mhd. bzw. bou im Sinne von ‚bestelltes Feld, Ackerbau, Wohnung, Hausbau’, im Asächs. , im Mnd. būw(e), im Mnl. und Nl. bouw, im Aengl. , im Anord. mit der Bedeutung von ‚Wohnort, Wohnung, Haushalt, Vieh, Leute’ und im Schwed. bo (‚Hausstand, Einrichtung, Unterschlupf von Tieren’). Analog zum Verbum ‚bauen‘ lässt sich das Substantiv auf die ie. Wurzel *bheu-, *bheu̯ə- zurückführen. [Vgl. WPE: Bau; bauen].
Die sprichwörtliche Redensart in den Bau wandern, womit ‚ins Gefängnis kommen‘ zum Ausdruck gebracht wird, lässt sich auf die Festungsarbeit zurückführen. [GG] Wie Jacob und Wilhelm Grimm anführen, wurde mittels ‚Bau‘ auf das Gefängnis bzw. den Festungsbau referiert, und ‚auf den Bau kommen‘ bedeutete ‚schwerer Festungsarbeit zugewiesen bekommen‘ [vgl. DWB1: bau], wodurch sich die von der Verfasserin postulierte These stützen lässt.
Diese stark ehrenmindernde Strafform setzte sich aus Arbeitszwang und Freiheitsentzug zusammen, fußt auf der öffentlichen Zwangsarbeit (opera publica) des römischen Rechtes und wurde insbesondere ab dem 16. Jh., wo sich eine militärtechnische Blüte verzeichnen lässt, anstelle der Todesstrafe oder diversen Leibesstrafen angeordnet. Aufgrund der harten Bedingungen, die sich in spärlicher Nahrungszufuhr und im Anketten am Arbeitswagen bzw. der sog. ‚Karrenstrafe‘ äußerten, stellte die Festungsarbeit eine hauptsächlich über Männern verhängte Variante der öffentlichen Zwangsarbeitsstrafe im Rahmen des Militär- sowie Zivilstrafrechts dar. Obwohl dieser Straftypus bereits im 17. Jh. in manchen Regionen Deutschlands durch die Zuchthausstrafe, zu der sie Parallelen aufweist, sukzessive verdrängt wurde, wurde ihr großflächiger erst im Zuge des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) ein Ende gesetzt. Hannover und Hessen bildeten bis 1867, wo das Preußische Recht griff, mit der sog. ‚Kettenstrafe‘ eine Ausnahme. Wie das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund und das Reichsstrafgesetzbuch erkennen lassen, wurde die Festungsarbeit ganz außer Acht gelassen und durch das Zuchthaus ersetzt. [Vgl. HRG-TK: Festungsarbeit, Festungsbau].
Aufgrund dessen, dass mit der körperlichen Arbeit auch ein permanenter Aufenthalt in der jeweiligen Festung einherging, ist der Schluss auf das im übertragenen Sinne ausgedrückte Inhaftiertwerden im Gefängnis nachvollziehbar. [GG] - 

Realienkundliches: Das Corpus Constitutionum Regio-Holsaticarum nennt um 1741 die Festungs- und die damit verbundene Karrenstrafe beim sträflichen Abschneiden von Pferdemähne und -schweif durch Militärangehörige:

Num. XXIV.
Verordnung wider das diebiſche Abſchneiden der Pferde⸗Schweiffe und Maͤhnen, vom 4 Dec. 1741.

Wir Chriſtian der Sechſte etc. etc. Thun kund hiemit, wasgeſtalt Wir mit beſondern Miſzfallen vernehmen muͤſſen, daſz zeithero es ſich zum oͤftern, vornehmlich in Unſerer Herrſchaft Hertzhorn, Sommer⸗ und Groͤnland, zugetragen, daſz denen Pferden, welche in der Weyde gehen, von gottloſen diebiſchen Geſindel die Schweife oder Maͤhnen abgeſchnitten werden. Wann Wir nun einer ſolchen vorſetzlichen hoͤchſtſtrafbaren Bosheit nachzuſehen durchaus nicht gemeynet, ſondern vielmehr derſelben auf alle Weiſe und Wege Wandel geſchaffet wiſſen wollen; Als iſt hiemit Unſer ernſtlicher Wille und Befehl, daſz, wenn jemand darauf ergriffen, oder deſſen uͤberfuͤhret werden wuͤrde, daſz er den Pferden die Schweife oder Maͤhnen abgeſchnitten, und alſo die bey ihm gefundene Pferde⸗Haare wuͤrcklich geſtohlen habe, derſelbe ſodann, ohne weitlaͤuftigen Rechts⸗Proceſs, nicht allein dem Eigenthuͤmer den ihm dadurch zugefuͤgten Schaden bezahlen, ſondern auch noch uͤber das, anſtatt der Bruͤche, auf drey Jahre zur Arbeit in das Zucht⸗ und Werck⸗Haus gebracht; Dafern es aber auch einige von der Milice ſeyn wuͤrden, ſo noch wircklich in Dienſten ſtuͤnden, ſogleich nach der That von der Obrigkeit des Orts, wo ſolches geſchehen, arretiret, und an das Regiment, worunter ſie ſtehen, um, ſtatt der vorberegten Zucht⸗Haus Strafe, auf Drey Jahr zur Feſtungs⸗Arbeit in die Karre condemniret zu werden, ausgeliefert werden ſollen. […] [von Cronhelm 1749, S. 209f.]

Diastratik: umgangssprachlich - Sozialhistorisches: Soldatensprache [eWDG: Bau] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: frz.: aller au trou [PONS]; poln.: trafił na cztery dni do paki (er kam vier Tage in den Bau) [PONS] - Figuriertheit: Drastik

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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