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Besenwirtschaft

Besenwirtschaft: Besenwirtschaft

Umschreibung: Gaststätte, in der neuer Wein ausgeschenkt wird [DUO: Besenwirtschaft]; saisonal geöffnete Gastwirtschaft, in der junger Wein der letzten Lese, Spirituosen und einfache, meist landestypische Speisen angeboten werden [DWDS: Besenwirtschaft]

Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Besen‘ im Sinne von ‚Gerät zum Kehren‘ weist die Formen ahd. bes(a)mo, mhd. bes(e)me, asächs. besmo, mnd. bessem(e), mnl. besme, besem, nl. bezem, afries. bes(e)ma, aengl. bes(e)ma, engl. besom auf und basiert auf westgerm. *besman- (‚Rute, Besen’). Hinsichtlich der ie. Wurzel kann von *bhidh- (‚binden, flechten’) ausgegangen werden. [Vgl. WPE: Besen].
Das Femininum ‚Wirtschaft‘ als ‚kleine Gaststätte‘, ‚Haushalt‘ bzw. Haushaltsführung‘ und ‚Gesamtheit der ökonomischen Prozesse und Verhältnisse eines Landes, einer Gesellschaftsordnung‘ wird im Ahd. als wirtscaft (‚Gastfreundschaft, Bewirtung, Mahl, Speisen’) im Mhd. als wirtschaft (‚Tätigkeit des Hausherrn, Gastgebers, Gastwirts, Bewirtung, Gastmahl, Fest’), im Asächs. in der Form von werdskepi (‚Bewirtung, Gastmahl’), im Mnd. als wer(t)schap (‚Bewirtung, Gastmahl, Festlichkeit’), im Mnl. als wertscap (‚Tätigkeit des Wirtes, Gastmahl’) und im Nl. als waardschap (‚Besuch, Gastmahl’) realisiert. Bereits im 15. Jh. wird mit dem Femininum zusätzlich auf ‚das Umgehen mit wirtschaftlichen Mitteln‘ referiert. Ab dem 16. Jh. erweitert sich das Bedeutungsfeld von ‚Tätigkeit des Hausherrn, Gastgebers, Bewirtung, Mahl‘ um jene der ‚Gaststätte‘ und im 17. Jh. treten ‚Haushalt‘ und ‚Haushaltsführung‘ hinzu. Ab dem 18. Jh. wird mit dem Substantiv auch ‚Unordnung‘ verbunden, während der ökonomische Gedanke im 19. Jh. entsteht. [Vgl. WPE: Wirtschaft].
Die Metapher Besenwirtschaft leitet sich aus dem Schankrecht, wie es für das Mittelalter belegt ist, und einer damit verbundenen symbolischen Handlung ab: Jedem Haushalt war es grundsätzlich gestattet, für den Eigenverbrauch Bier zu brauen oder Wein herzustellen. Mittels eines wöchentlich wechselnden Schankrechtes war es möglich, überschüssige Produkte zu vertreiben. Um zu signalisieren, dass im eigenen Haus ausgeschenkt wurde, musste entweder ein Bierwisch, Kranz, Strohbusch oder ein Besen aus dem Dachfenster gesteckt werden. [Vgl. ROE: Besen]. Innerhalb des Deutschen Rechtswörterbuches finden sich ‚Reif‘ oder ‚Reiflein‘ (‚Kranz‘ oder ‚Reifen‘), ‚Besen‘, ‚Laub‘ (‚junger Baum‘ oder ‚Zweigbüschel‘), ‚Mai‘ bzw. ‚Maischaub‘ (‚im Mai frisch geschlagener Zweig, Strauch oder Baum‘), ‚Reis‘ (‚Reisigbündel‘, ‚Laubwisch‘), ‚Rute‘, ‚Schaub‘ (‚Strohwisch‘ ) und ‚Strauß‘ als belegte Schanksymbole vor, [vgl. DRW-WA: Reif II 2a; Reiflein; Besen II; Laub2 I 2; Mai II 1aα; Maischaub; Reis VI 2; Rute I 3; Schaub II 3] auf welche neben der Besenwirtschaft u. a. die Bezeichnungen ‚Straußwirtschaft‘, ‚Kranzwirtschaft‘, ‚Rädlewirtschaft‘, veraltet ‚Maienwirtschaft‘ und ‚Buschen- bzw. ebenfalls österreichisch, jedoch veraltet ‚Leutgebschank‘ zurückgehen. Handelt es sich in heutiger Zeit um sog. ‚echte Besen‘ greift die Besenverordnung des Regierungspräsidiums. [Vgl. Auszüge der Besenverordnung 2021].
In Anknüpfung an das symbolische Bild des Besens, der die Schankerlaubnis verkündet, wird mittels der metaphorischen Bezeichnung der Besenwirtschaft verkündet, dass Wein und Landeskost serviert werden. [GG] - 

Realienkundliches: Aus den Schlettstadter Stadtrechten des 16. Jhs. geht hervor, dass die Fasszieher bzw. Verlader von Fässern, das Pfand für den Besen, der das Schankrecht symbolisiert, zu bezahlen haben:

7. Es sollendt auch die vaßzieher, so baldt sy eim wirt wein inlegen, zu stundt den wirt in das kaufhauß füren, den wein, er seige geschetz oder nit, anschriben lassen, und das pfandt fur den besen oder gemeinen pfenig in denselbigen stunden den zollern bezalen. [Gény 1902, S. 529]

Diatopik: regionale Varietäten in Südwestdeutschland [DWDS: Besenwirtschaft] - Diastratik: umgangssprachlich [PONS] - Allgemeiner Gebrauchskontext: Kulinarik - Figuriertheit: Komik - Querverweis: ↑Buschenschank / Buschenschenke / Buschenschänke; ↑Kranzwirtschaft; ↑Rädlewirtschaft; ↑Straußwirtschaft

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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