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Feuer

Feuer: für jmdn./etw. die/seine Hand ins Feuer legen/halten

Umschreibung: für die Wahrheit einer Sache einstehen [vgl. ROE: Feuer]; sich vorbehaltlos und uneingeschränkt für jmdn., etw. verbürgen [DUR: Hand]; für jmdn., etw. unbedingt einstehen, bürgen [eWDG: Feuer]

Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Hand‘ vgl. ↑sich (für jmdn./etw.) die/keine Hand abhacken (lassen).
Das nhd. Neutrum ‚Feuer‘, das im Ahd. fiur (8. Jh.), älter fuir, im Mhd. viur, viwer oder viuwer, im Asächs. Fiur, im Mnd. vǖr, im Mnl. vuur, vier, im Nl. vuur, im Aengl. fȳr, im Engl. fire und im Anord. fūrr, fȳrr lautet, leitet sich aus ie. *peu̯ōr, *pū̌r, Genitiv *punés ab, die einen heteroklitischen r-/n-Stamm aufweisen, wobei der n-Stamm in got. fōn sowie in der anord. Form funi sichtbar ist. Verwandte Formen sind griech. pȳ́r (πῦρ), umbr. pir sowie tschech. (älter) pýř. [Vgl. WPE: Feuer; vgl. DHW: Feuer].
Die Herkunft der sprichwörtlichen Redensart für etw./jmdn. die/seine Hand ins Feuer legen/halten sowie die damit verbundene Beteuerungsformel dafür will ich meine Hand ins Feuer legen liegt in der mittelalterlichen Gottesurteilspraxis begründet. Präziser formuliert war die/der Beklagte im Zuge des ‚Feuerordals‘ (iudicium ignis) dazu angehalten, die eigene Hand für eine bestimmte Dauer ins Feuer zu halten. Analog zur Probe durch das heiße Eisen (siehe die Wendungen ↑(etw. ist ein) heißes Eisen, ↑ein heißes Eisen anfassen/anpacken) war der Verletzungsgrad für den Beweis der Schuld bzw. Unschuld ausschlaggebend. [Vgl. DHW: Hand; vgl. ROE: Feuer; vgl. DSL: Hand]. Die Annahme, die Unschuld wäre allein durch keine erlittenen Verbrennungen bewiesen [vgl. dazu DUO: Hand, DUR: Hand und LDR: Hand] ist auf das Hochstilisieren der Gottesurteile – insbesondere bei der Darstellung von Heiligen – gemünzt. [GG] Analog zur ‚Giftprobe‘ und dem ‚Gehen durch das Feuer im Wachshemd‘ wird das ‚Legen der Hand ins Feuer‘ als praktizierte Ordalsform im europäischen Raum angezweifelt. [Vgl. Karner 2010, 24]. Es wäre jedoch ein allgemeiner Bezug zum Feuerordal bzw. dem ‚Kesselfang‘ oder der ‚Eisenprobe‘ möglich, wobei in beiden Fällen die Hand zum Einsatz kommt und Hitze sowie Verbrennungsgefahr das zentrale Thema darstellen. Die stellvertretende Position lässt sich auf den Umstand zurückführen, dass es rechtlich zugelassen war, dass sich eine andere Person, die für die Unschuld der/des Beklagten bürgte, der jeweiligen Probe unterzog. [Vgl. dazu Karner 2010, S. 17].
Vor dem Hintergrund der stellvertretenden Person, die voller Überzeugung beim Ordalsverfahren für die Beklagte/den Beklagten seine Hand ins Feuer hält, drückt die figurative Redensart das persönliche Einstehen für jemand anderes oder eine Sache aus. [GG]
Möglich, wenn auch weniger unterstützt, ist die These, dass sich die bildhafte Wendung für etw./jmdn. die/seine Hand ins Feuer legen/halten aus einer prominenten pädagogischen Geschichte über die Tat des Gaius Mucius, auch genannt ‚Scaevola‘ (übersetzt ‚Linkshand‘) ableitet: Nachdem dieser sich heimlich seinen Weg ins Lager des Etruskerkönigs Porsenna gebahnt und den Schatzmeister ermordet hatte, wurde er dem König ausgehändigt. Da er auf die Frage nach seinem Vorhaben direkt gestand, ihn, den König, töten zu wollen, wollte Porsenna in Erfahrung bringen, ob alle Römer solch einen Mut besaßen. Gaius Mucius reagierte darauf, indem er wortwörtlich seine rechte Hand ins Feuer hielt, sie ohne zu zucken den Flammen opferte und damit für ein gesamtes Volk einstand. [Vgl. Essig 2020, 126f.]. - Entstehungszeit: 17. Jh. [KUE I: Hand] - Diastratik: umgangssprachlich [KUE I: Hand] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Interlingual Kompatibles: engl.: to go to the stake for sb/sth [PONS]; frz.: en mettre sa main au feu [dict.cc]; ital.: mettere la mano sul fuoco per qn/qc [PONS]; nl.: voor iets/iem zijn hand in het vuur durven steken [PONS] - Querverweis: ↑sich (für jmdn./etw.) die/keine Hand abhacken (lassen); ↑(für jmdn./etw.) den Buckel hinhalten; ↑Prügelknabe; ↑(für jmdn./etw.) den Kopf hinhalten (müssen); ↑seinen Kopf in die Schlinge halten/stecken

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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