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Feuerprobe

Feuerprobe: Feuerprobe

Umschreibung: Bewährungsprobe [ZDL: Feuerprobe]; Prüfung(ssituation), in der der Beweis höchster Belastbarkeit und bester Qualität erbracht werden soll [DUO: Feuerprobe]

Analyse der Bedeutung: Zur näheren etymologischen Herleitung von ‚Feuer‘ siehe den Eintrag unter der Wendung ↑für jmdn./etw. die/seine Hand ins Feuer legen/halten.
‚Probe‘ im Sinne von ‚Prüfung(-sstück), Versuch oder Untersuchung‘ ist ein Lehnwort aus spätl. proba ‚Prüfung, Untersuchung, Bewährungsversuch‘ und wurde in der 1. H. des 15. Jhs. ins Deutsche integriert. [Vgl. WPE: Probe].
Sowohl die Metapher Feuerprobe als auch die Wendung ↑die/eine Feuerprobe bestehen können auf zwei unterschiedliche Praktiken zurückgeführt werden: einerseits auf das alchemistische Verfahren zur Prüfung der Edelmetalle, besonders der Reinheit des Goldes, und andererseits auf das mittelalterliche Gottesurteil der ‚Feuerprobe‘ als Sammelbegriff, wobei ein erhitzter eiserner Gegenstand (siehe ↑ein heißes Eisen anfassen/anpacken) für einen bestimmten Zeitraum in der Hand gehalten werden musste, ein Wegstück über glühend heiße Gegenstände wie Pflugscharen oder Kohlen zu absolvieren war (vgl. ↑(etw. ist ein) heißes Eisen) oder ein Objekt aus einer kochenden Flüssigkeit geholt werden musste. Ab dem 17. Jh. findet sich ‚Feuerprobe‘ in der Bedeutung von ‚Metallprüfung durch Feuereinwirkung‘, während die gleichnamige Bezeichnung für das mittelalterliche Gottesurteil ab dem 18. Jh. in Erscheinung tritt [vgl. DHW: Feuer; vgl. DWDS: Feuerprobe; vgl. WPE: Feuer; vgl. DUR: Feuerprobe]. Während das Grimm’sche Wörterbuch den bildlichen Gebrauch auf „ein altes gottesurtheil“ [DWB1: feuerprobe] zurückführt, spricht sich Röhrich explizit gegen besagten Ursprung aus und verweist vor dem Hintergrund der alchemistischen Praxis u. a. auf Luther: „Wie das Feuer Silber und der Ofen Gold, also prüft der Herr die Herzen“ (Salom. 17,3) [ROE: Feuerprobe]. Müller hingegen gewichtet beide Arten der Herleitung gleich. [Vgl. LDR: Feuerprobe].
Die übertragenen Bedeutungen ‚Bewährungsprobe‘ und ‚Belastungstests‘ lassen sich sowohl mit dem Gedanken an die Prüfung des Edelmetalls als auch mit dem Prüfungsmodus des Ordalwesens verbinden und daraus erklären. [GG] - Entstehungszeit: 17. Jh. [DWB2: feuerprobe] - 

Realienkundliches: Die Liechtensteiner Nachrichten des Jahres 1932 belegen für den arabischen Raum eine andere sowie aktuellere Variante der Feuerprobe mittels erhitzten Dolches auf der Zunge:

Feuerprobe vor einem arabiſchen Gericht.
Die Feuerprobe iſt eine uralte Form des Gottesgerichtes, die noch immer in dem Rechtsverfahren der arabiſchen Beduinenstämme üblich iſt. Kürzlich wurde ſie wieder einmal angewendet, um bei einem Mord den Schuldigen „herauszufinden". Ein Mann war bei einer Blutrache zwiſchen zwei Beduinenſtämmen getötet worden. Von ſeinen Verwandten wurde Blutgeld gefordert, und drei Verdächtige wurden vor das Stammesgericht gebracht, das zu Mazar in Süd⹀Transjordanien tagte. Die Richter, die zu entſcheiden hatten, wer von den dreien der Mörder ſei, beschloſſen, die Feuerprobe vorzunehmen. Der Vorſitzende, ein alter, graubärtiger Scheik, wurde zur Abhaltung des Gottesgerichtes beſtimmt. Er nahm einen langen, breitklingigen Dolch und hielt die Klinge in das Feuer, in dem glühende Kohlen lagen. Dann trat eine Stille ein. Kein Laut war vernehmbar, da alle Anweſenden geſpannt darauf warteten, bis der Stahl glühend heiſz geworden war. Dann zog der alte Scheik den glühenden roten Dolch aus dem Feuer, ſtreckte ſeine eigene Zunge heraus und fuhr mit dem heiſzen Stahl darüber. Man hörte ein ziſchendes Geräuſch, wie es entſteht, wenn heiſzes Eiſen Näſſe berührt. Die Zunge blieb unverwundet. Nun kam die Reihe an die Angeklagten. Einer von dieſen trat vor, und das heiſze Eiſen wurde auf ſeine Zunge gelegt. Sofort roch man den ſcharfen Geruch brennenden Fleiſches. Damit war die Feuerprobe vorüber. Der Schuldige war feſtgeſtellt. Die Anweſenden erklärten einſtimmig, der Mann mit der verbrannten Zunge ſei der Mörder, und die andern beiden Verdächtigen brauchten ſich nicht mehr der Probe zu unterziehen. Der auf dieſe Weiſe Ueberführte wurde verurteilt, den Verwandten des Toten 7500 Franken in barem Geld oder in Vieh zu zahlen. Die arabiſche Erklärung dieſes uralten Beweismittels geht dahin, daſz ein Mann, wenn er unſchuldig iſt, die normale Näſſe der Zunge beſitzt, die genügt, um jede Schädigung durch den heiſzen Stahl zu verhindern. Aber der Mund des Schuldigen iſt infolge ſeiner Angſt und ſeines ſchlechten Gewiſſens ausgetrocknet, und daher wird ſeine Zunge durch das Metall verbrannt. [Liechtensteiner Nachrichten 1932]

Jurist Jacob Döpler († 1693) betont das Achten auf die tatsächliche, faire Absolvierung der Schritte bei der Feuerprobe:

wer dreymahl nach einander vier oder fünf schritte weit blosses fusses unverletzt über glüende kohlen gehet, der sieget gleichfalls ob: jedoch gibt man bey solcher feuer=probe wohl achtung, daß der durchgehende mit leichten füssen nicht etwa nur überhin hüpffe (Döpler schau-platz 1,83). [DWB2: feuerprobe]

Johann Heumann von Teutschenbrunn (1711–1760), Rechtshistoriker und Diplomatiker, verortet den Ursprung der Feuerprobe im Heidnischen und Deutschen:

die meisten heiden und unter diesen auch die Teutschen verehrten die sonne oder das feuer. .. vielleicht gehöret auch hieher die feuer=probe (Heumann geseze (1761)33.) [DWB2: feuerprobe]

Interlingual Kompatibles: frz.: épreuve du feu [PONS]; ital.: prova del fuoco [LEO] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑die/eine Feuerprobe bestehen

 

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Feuerprobe: die/eine Feuerprobe bestehen

Umschreibung: sich zum ersten Mal in harter Praxis [ohne Hilfe] bewähren [DUR: Feuerprobe]; sich unter schwierigen Verhältnissen bewähren [ROE: Feuerprobe]

Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Feuer‘ vgl. den Eintrag zu ↑für jmdn./etw. die/seine Hand ins Feuer legen/halten und zu ‚Probe‘ siehe die Wendung ↑Feuerprobe.
Mit dem Phraseologismus die/eine Feuerprobe bestehen verhält es sich wie mit der vorausgehenden Wendung ↑Feuerprobe, wo die Herleitung neben dem alchemistischen Kontext auch in der Praxis der Gottesurteile durch das Feuer bzw. Hitze gesucht werden kann. Was Ersteres betrifft, lassen sich bereits bei Plinius dem Älteren in seinem Werk zur Metallurgie in den Kapiteln 19–21 und 25 Informationen zum Gold finden, darunter auch zur konkreten Feuerprobe, wo das Edelmetall die „flammend rote Farbe des Feuers annimmt“ [Wipfler/Raub 2014] und nur schwer glüht. [Vgl. Wipfler/Raub 2014].
Die mit dem Verb ‚bestehen‘ einhergehende positive Konnotation des Bewährens ergibt sich folglich einerseits aus den genannten Kennzeichen der Güte des Edelmetalls sowie andererseits aus der positiven Absolvierung der gerichtlich angeordneten ‚Feuerprobe‘ und dem zu erhoffenden glimpflichen Verlauf, was den physischen Schaden durch Verbrennungen betrifft, um letztendlich als unschuldig hervorzugehen. [GG] - Entstehungszeit: 17. Jh. [DWB2: feuerprobe] -

Realienkundliches: Der Schriftsteller Alfred Döblin (1878–1957) behandelt in seinem Werk Hamlet oder Die lange Nacht nimmt ein Ende die Folge des Nichtbestehens der Feuerprobe, die sich in der Feuerstrafe als Exekutionsvariante manifestiert:

sie wurde der feuerprobe unterworfen, die sie nicht bestand, und darauf, als sie das gericht beschimpfte, über kleinem feuer lebend verbrannt (Döblin Hamlet 94) [DWB2: feuerprobe]

Eine rechtliche Verankerung des ‚Kesselfangs‘ als Variante des ‚Feuerurteils‘ schreibt bei Scheitern eine Geldstrafe vor:

Fan dae ketilfanghe
[43] Hweer soe en man iefta wyff hiara barnd habbet jn da ketilfanghe, soe scelles om dijn meeneed dae hermiscere ontfaen ende dae ban beta mey tria ende sextigha scillinghen.
Vom Kesselfang
[[43] Wenn ein Mann oder eine Frau sich beim Kesselfang gebrannt haben, so sollen sie für den Meineid ihre Kirchenstrafe erhalten und die Bannbuße zu dreiundsechzig Schillingen zahlen.]
[Wybren/Ebel 1977, I, 190]

Semantische Prozesse: Sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to pass the acid test [PONS]; ital.: superare la prova del fuoco [LEO]; nl.: de vuurproef doorstaan [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑Feuerprobe

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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