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Gleiches

Gleiches: Gleiches mit Gleichem vergelten

Umschreibung: eine böse Tat mit einer ähnlich bemessenen Strafe ahnden [LDR: Gleiches]

Analyse der Bedeutung: Das Adjektiv ‚gleich‘ (‚in alles oder wesentlichen Merkmalen übereinstimmend), von welchem sich die Substantivierung ‚Gleiches‘ ableitet, weist die Formen ahd. gilīh, mhd. g(e)līch, -lich, asächs. gilīk, mnd. g(e)līk, mnl. ghelijc, nl. gelijk, aengl. (ge)līc, engl. like, anord. (g)līkr und got. galeiks auf und führt auf germ. *ga-līka- zurück, wobei germ. *līka- ‚Körper, Gestalt’ bezeichnet. Über die Verbindungen mit lit. lýgus (‚gleich, gleichartig, gut gebaut’), lýgti (‚gleichen, gleichkommen’) und lett. līgt (‚übereinkommen’) ist der Schluss auf die ie. Wurzel *lē̌ig- bzw. *līg- (‚Gestalt, die Gestalt jmds. habend, gleich, ähnlich’) möglich. [Vgl. WPE: gleich].
Das Verbum ‚vergelten‘ mit den Bedeutungen von ‚vergüten, entgelten, lohnen‘ sowie ‚heimzahlen‘ lautet im Ahd. firgeltan und im Mhd. vergelten. Das feminine Substantiv ‚Vergeltung‘ referierte im Ahd. über die Form firgeltunga in germanischen Rechtsvorschriften ursprünglich allein auf die ‚Geldzahlung für erwiesene Dienste‘ bzw. auf das ‚Zurückzahlen empfangener Summen‘ oder die ‚Geldbuße vor Gericht‘. Als zugrundeliegender Gedanke wird das Talionsprinzip vermutet und es werden Verbindungen zur Formel ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn‘ postuliert (vgl. dazu ↑Auge um Auge (, Zahn um Zahn)/Auge um Auge und Zahn um Zahn). [Vgl. WPE: gelten; vgl. LDR: Gleiches].
Mit Bezug zur finanziellen Rückerstattung im Verhältnis von 1:1, wie es die germanischen Rechte vorschreiben, wird mittels der Wendung Gleiches mit Gleichem vergelten zum Ausdruck gebracht, dass bspw. ein hervorgerufener Schaden durch das Zufügen desselben Schadens ausgeglichen oder gar gerächt wird. [GG] - 

Realienkundliches: Innerhalb der Grundsätze des deutschen peinlichen Rechts von Johann Christian von Quistorp ist ein Paragraph des Jahres 1783 der sog. ‚Retorsion‘, ‚der Vergeltung von Gleichem mit Gleichem‘ [DRW-WA: Retorsion], gewidmet. Diesem zufolge richtet sich der Retorsions-Gedanke sowohl gegen manche gesetzliche als auch die christlichen Prinzipien. Nichtsdestotrotz gibt es rechtliche Ausnahmen, die eine Retorsion unter bestimmten Umständen erlauben und bei kleineren Vergehen sogar einen Straferlass ermöglichen:

§330.
Von der Retorſion und deren Gebrauch.

Obwohl nach der Regel einem jeden, dem Injurien zugefuͤget worden, das Recht zuſtehet, eine Genugthuung zu fordern, ſo kann jedoch dieſe nicht ſtatt finden, wenn der Beleidigte auf gleiche Art und Weiſe wieder beleidiget hat, und ſolchergeſtalt ſein eigener Richter geweſen iſt. Man pfleget dieſen Fall die Retorſion zu nennen. Man findet zwar dieſelbe durch die Geſetze, als ein dem beleidigten Theil zuſtehendes Genugthuungsmittel, nirgends beſtaͤttiget, ſondern es iſt gegentheils vielmehr die Retorſion ſowohl der Analogie der Rechte, als auch insbeſondere verſchiedenen Landesgeſetzen zuwider. Allein, dieſem ohngeachtet iſt dennoch die Retorſion, die ſo ſehr den Grundſaͤtzen der Ehrbarkeit und beſonders des Chriſtenthums entgegen iſt, nach dem Gerichtsgebrauch in Ermangelung beſonderer Landesgeſetze als voͤllig erlaubt anzuſehen. Es darf daher derjenige, welcher ſich zu ſeiner Vertheidigung und zur Ablehnung der von ihm geforderten Genugthuung auf die Retorſion berufet, deren Anwendung nicht ferner beweiſen. Eine Retorſion kann jedoch die Unterſuchung und Beſtrafung des Richters nicht aufheben. Wenn daher auch gleich alle Erforderniſſe einer Retorſion erweislich vorhanden ſeyn ſollten, ſo kann jedoch dieſelbe niemals von der fiſcaliſchen Strafe befreyen; es waͤre dann, daſz die Retorſion ſehr geringe Injurien betreffen ſollte, da denn nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde alle Strafen nachgelaſſen zu werden pfleget. [von Quistorp 1783, S. 624f.]

Semantische Prozesse: phraseologisiert; Zwillingsformel (Gleiches mit Gleichem); pejorativ - Interlingual Kompatibles: engl.: to pay like with like [PONS]; engl.: to give tit for tat [PONS]; frz.: rendre la monnaie de la pièce [PONS]; frz.: rendre coup pour coup à qn [PONS]; ital.: rendere pan per focaccia [PONS]; ital.: rendere la pariglia a qn [PONS]; kroat.: vratiti milo za drago [PONS]; nl.: kwaad met kwaad vergelden [PONS]; poln.: oddać wet za wet [PONS]; serb.: uzvratiti istom merom [PONS]; slowen.: vráčati komu milo za drag [PONS]; tschech.: splácet stejné stejným [PONS] - Querverweis: ↑Auge um Auge (, Zahn um Zahn)/Auge um Auge und Zahn um Zahn

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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