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hängen

hängen: jmdn./etw. (nicht) hängen lassen

Umschreibung: im Stich lassen [DUO: hängen lassen]; ein Versprechen/eine Verabredung nicht einhalten [LDR: hängenlassen]

Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚hängen‘ siehe ↑jmdn. hängen sehen wollen.
Die metaphorische Wendung jmdn./etw. (nicht) hängen lassen lässt sich hinsichtlich ihres Ursprungs einerseits mit einem speziellen Brauch im Mittelalter bis Ende des 16. Jhs. in Verbindung bringen, wo sich ein um eine Frau werbender Mann zum Haus der Angebeteten begab und sich in einen Korb setzte, der durch diese Vorrichtung zu ihrem Fenster hochgezogen werden konnte. Bei einer Ablehnung der Werbung war der Boden des Korbes brüchig, sodass die Dame den Verliebten ‚durchfallen ließ‘. Besonders peinlich für den Mann war es, wenn er nur ein Stück weit hochgezogen wurde und wortwörtlich ‚hängen gelassen‘ wurde. [Vgl. Wagner 2015, S. 119]. Das Durchfallen aufgrund eines beschädigten Korbes ins Wasser wurde im Speziellen auch bei Frauen strafrechtlich angeordnet, wenn sie sich der ‚Hurerei‘ schuldig gemacht hatten. Mit einer Ehrenminderung durch einen Korb gehen auch weitere Strafformen einher, wie es z. B. für Leutenberg in Thüringen für das Jahr 1508 belegt ist: Bei milden Vergehen setzte man die delinquente Person in einen Korb, der an einer Stange bei der Mühle oberhalb des Stadtgrabens befestigt war, und ließ diese dort ausharren, bis sie selbst das Seil durchtrennte und mitsamt dem Korb ins kühle Nass stürzte. Eine begnadigte Person, die dennoch nicht ganz ungeschoren davonkommen sollte, ließ man, wie es für die Schweiz überliefert ist, in einem Korb sitzend in die Höhe schnellen. Um sich zu befreien, war die Person gezwungen, ins Wasser abzuspringen. Rechtliche Quellen erwähnen das Aufhängen in einem Korb einschließlich des Durchfallenlassens zudem besonders häufig bei Diebstählen im Garten. [Vgl. DWB1: korb]. All diese genannten Beispiele gehören der Ehrenstrafe des sog. ‚Prellens‘ [DRW-WA: Schandkorb I] an.
Vom realhistorischen Bild des Hängenlassens der bestraften Person in einem Korb motiviert, ließe sich erklären, dass man im übertragenen Kontext eine Person sich selbst überlässt. [GG] - 

Realienkundliches: Für das Jahr 1597 liegt innerhalb des Deutschen Rechtswörterbuches unter dem strafrechtlichen Abschnitt ein Beleg vor, der bestätigt, dass eine verurteilte Person in einem aus Eisen gefertigten Korb respektive Käfig zugrunde ging:

ist lebendig in den vergitterten eisernen korb gesetzt worden, alda er ... iämerlich verschmachten ... hat müssen (1597 ZKulturg. 6 (1899) 53) [DRW-WA: Korb I 2]

Im Eisenachischen Rechtsbuch wird im Jahr 1358 geregelt, dass Becker bei Betrug mit einem Stück Brot aus Weizenmehl und einem Messer in einem Korb hängen gelassen werden, bis sie herunterfallen:

Diſt, IV. Wan der becker ſin wandel vorbord in keyſerwichbilde umbe kleyne brod, daz iſt eyn korp geſaczt, an eyn ſeyl gehangen, eyn meſſer in dy hand unde eyne ſemmeln; he ſiccze lange adder kurcz, hernedder ſal her fallen in der phucczen ſtoub. [Ortloff 1836, S. 285]

Diastratik: umgangssprachlich [DUO: hängen lassen] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: engl.: to let sb down [PONS]; ital.: piantare in asso [PONS]; span.: dejar a alguien plantado [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel

 

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hängen: jmdn. hängen sehen wollen

Umschreibung: wollen, dass jmd. für seine Taten strengstens zur Rechenschaft gezogen bzw. auf härteste Weise bestraft wird; wollen, dass eine Person für etwas büßt; jmdn. für eine schwere Verfehlung (öffentlich) zur Verantwortung ziehen [GG]

Analyse der Bedeutung: Dem Verb ‚hängen‘ (‚am oberen Ende schwebend befestigen‘ oder ‚am oberen Ende befestigt sein‘) liegt die germ. Form *hanhan zugrunde, die auch mit Nasalschwund und Ersatzdehnung in Erscheinung tritt. Auf diese sind auch das starke transitive ahd. Verb hāhan (‚(auf)hängen, kreuzigen’) um 800, das transitive sowie intransitive mhd. Verb hāhen (‚hängen’), md. hangen (14. Jh.), das transitive asächs. Verb hāhan, die transitive sowie intransitive mnd. Form hangen, mnl. hanghen, nl. hangen mit transitiver sowie intransitiver Bedeutung, aengl. hōn (wiederum transitiv und intransitiv) anord. hanga (transitiv und intransitiv) und schlussendlich got. hāhan (transitiv) zurückzuführen. Ähnliche Beispiele lassen sich einerseits anhand der hethit. Form gank- (‚hängen, wiegen’) und andererseits anhand der aind. Form śáṅkatē (‚zweifelt, befürchtet, ist mißtrauisch, sorgt sich’), die auf die indoeuropäische Wurzel *k̑enk-, *k̑onk- (‘schwanken, hängen, geistig in der Schwebe sein’) zurückgeht, im außergermanischen Sprachraum beobachten. Parallel zum starken Transitivum existieren zwei schwache Intransitiva in Form eines ēn- und eines ōn-Verbes. Ersteres wird mittels ahd. hangēn (‚hängen, abhängig sein’) (8. Jh.), anord. hanga, got. hāhan (Prät. hāhaida) wiedergegeben, Letzteres mittels asächs. hangon, aengl. hangian. Ein weiteres zusätzliches Verbum bildet das schwache transitive jan-Verb in Form von ahd. hengen ‚erlauben, gehorchen, denken’ (9. Jh.; vgl. gihengen ‘zustimmen, erlauben, zulassen’, 8. Jh.), mhd. (md.) hengen ‚(die Zügel) hängen lassen, nachjagen, geschehen lassen, gestatten’, auch md. obd. ‚aufhängen’ (obd. nhd. henken), mnl. henghen ‚zugestehen’, nl. gehengen ‚erlauben’ und schließlich anord. hengja ‚hängen’. Das im Deutschen und Niederländischen hinzugefügte ‚ng‘ ist dabei aus den Präteritalformen entnommen. Im Mhd. eignet sich das Transitivum hienc (zu hāhen) auch die intransitive Bedeutung von hangete (zu hangēn) an. Ab dem 12. Jh. fungiert das Intransitivum hangen (aus ahd. hangēn) wie hengen auch als transitives Verb. Im Nhd. finden sich von hāhen nur mehr die Präteritalformen vor. Im Zuge der Differenzierung in starke und schwache Verben im 19. Jh. werden die Intransitiva der ersten Kategorie zugewiesen (hängen, hing, gehangen), wohingegen die Transitiva der zweiten zugeordnet werden (hängen, hängte, gehängt). Die ahd. Form zuohāhan (‚aufhängen‘) etabliert sich im 8. Jh. [Vgl. WPE: hängen].
Die metaphorische Formulierung jmdn. hängen sehen wollen geht auf die Todesstrafe durch Erhängen zurück, die unter der Wendung ↑ein Galgen für jmdn./etw. näher nachzulesen ist. Will bspw. ein Kollektiv eine Person hängen sehen, wird vor dem Hintergrund der durch den Strang verurteilten Person forciert, dass die/der Betreffende hart bestraft respektive zur Rechenschaft gezogen wird. Die Wendung tritt dabei nicht nur metaphorisiert, sondern auch als ernstgemeinter Wunsch, Drohung bzw. Ankündigung in Erscheinung. [GG] - Realienkundliches: Siehe dazu die Einträge innerhalb der Wendung ↑ein Galgen für jmdn./etw.. - Diastratik: umgangssprachlich; salopp - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑jmdm. an den Kragen wollen; ↑jmds. Kopf fordern

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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