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Pranger

Pranger: jmdn./etw. an den Pranger stellen

Umschreibung: jmdn., etw. der allgemeinen Kritik, Verachtung preisgeben [DUR: Pranger]; jmdn. öffentlich beschuldigen [DHW: Pranger]; jmdn., etw. öffentlich tadeln, der öffentlichen Schande preisgeben [eWDG: Pranger]

Analyse der Bedeutung: Das männliche Substantiv ‚Pranger‘, womit der ‚Schandpfahl‘ oder ‚die Stelle auf einem öffentlichen Platz, wo ehemals jmd. für eine straf- bzw. verachtungswürdige Tat angeschlossen (in der Regel in Ketten und Halseisen) und zur Verhöhnung zur Schau gestellt wurde‘, bezeichnet wird, wird im Mhd. und Md. ab der 2. H. des 13. Jhs. in der Form von pranger ausgedrückt. Varianten wie frühnhd. pfranger oder brangel werden sukzessive verdrängt. Das Substantiv leitet sich vom Verbum mnd. prangen (‚einengen, mit jmdm. ringen, streiten‘), mnl. prangehen (‚klemmen, zusammendrücken), nl. prangen (‚drücken, pressen‘), got. anapraggan (‚bedrängen’), mengl. prangle (‚drücken’) sowie mhd. phrengen (‚pressen, drängen, bedrücken’) ab, womit sich auch die substantivierten Formen mhd. phrange, phrenge (‚Einschließung, Beengung, Nötigung, Drangsal’), mnd. prange (‚Pfahl, Stange’), ahd. phragina (‚Schranke, Beschränkung’) und schließlich engl. prong (‚Forke, Zinke’) verbinden lassen. Als ie. Wurzel wird *bronk- (‚einschließen, einengen‘) vermutet, worauf mittels lit. brãn(k)tas (‚Strangholz am Pferdegespann, Holzscheit, das den Schweinen um den Hals gebunden wird’) sowie altkur. brankti (‚fest anliegend, gedrängt, eng’) geschlossen werden kann. [Vgl. WPE: Pranger].
Die metaphorische Wendung jmdn./etw. an den Pranger stellen geht auf die mittelalterliche Ehrenstrafe des Prangers zurück, wo die Delinquentin/der Delinquent durch eine Vorrichtung fixiert und dem Spott aller Bewohnerinnen und Bewohner ausgesetzt war. [Vgl. DUR: Pranger]. Synonyme Bezeichnungen stellen ‚Breche‘, ‚Ganten‘, ‚Halseisen‘, ‚Harfe‘, ‚Käk‘, ‚Lastersäule‘, ‚Pfahl‘, ‚Prechel‘, ‚Schandpfahl‘, ‚Schreiat‘, ‚Staupe‘, ‚Stock‘ und ‚Stüpe‘ dar. Um die ‚schimpfliche‘ Person vor aller Augen zur Schau zu stellen, wählte man für die Errichtung des Prangers, der sowohl in Städten als auch Dörfern aufgestellt wurde, prominente Plätze wie den Markt, solche in der Nähe des Rathauses oder der Kirche oder natürliche Erhebungen. Oftmals waren mehrere verschiedene Pranger oder verwandte Konstruktionen an ein und demselben Ort installiert wie z. B. die Constitutio Criminalis Carolina anhand des Prangers und des Halseisens erkennen lässt. Hinsichtlich der Typologie wird einerseits nach der Gestalt und andererseits nach der Funktion differenziert. Erstere umfasst freistehende Pranger, die aus Holz, Stein und seltener Backsteinen errichtet waren, sowie Pranger, die baulich an ein Gebäude geknüpft waren. Letztere orientiert sich nach der Personenanzahl, die fixiert werden sollte, und folglich ein bis zwei Stockwerke aufweisen konnten. Das zweite Geschoß bestand entweder aus einer Bühne, einem Korb, einem Taubenhäuschen, oder größer, ganze Käfige oder Prangerhäuschen. Damit die/der Schuldige mit Seilen fixiert werden konnte, waren Halseisen, Ketten oder Eisenringe vonnöten. Wie bereits unter ↑jmdm. etw. anhängen / sich etw. (nicht) anhängen lassen erwähnt wurde, wurden auch andere Gerätschaften wie Schandsteine oder die Schandfiedel am Pranger zwischengelagert. Über diverse Rechtssymbole, Statuetten, farbliche Bemalungen oder Inschriften konnte der Pranger zusätzlich geschmückt werden. Die öffentliche Zurschaustellung am Pranger an sich ist als schandhafte Strafe zu verstehen und wirkt sich ehrenmindernd auf die betreffende Person aus. Sie wurde stets unter Koppelung mit anderen Strafen wie Leibesstrafen (Strafen an Haut und Haar, Prügelstrafe, Abschneiden von Körperteilen) oder der Verbannung verhängt und war von Lärm und dem Aufsetzen einer Schandmaske begleitet. Die Vergehen, die eine Prangerstrafe nach sich zogen, manifestieren sich bspw. in Diebstahls-, Sittlichkeitsdelikten, Ehebruch, Friedensbruch, Ehrverletzungen oder Meineid. Häufig wurde die Strafe durch den Pranger bei diversen Strafmilderungen verordnet. Der Ort des Prangers wurde auch bei der Vollstreckung der Todesstrafe gewählt. Ab der 2. H. des 18. Jhs. ist ein Rücklauf an verhängten Prangerstrafen zu beobachten, wobei das österreichische Strafgesetzbuch von 1803 das Präsentieren der delinquenten Person auf einer Schandbühne beinhaltet und abgewandelt das öffentliche Vorführen der/des Beschuldigten vor dem Gerichtshaus mit einer Tafel um den Hals, die das Vergehen schriftlich aufweist. 1848 erfolgte das Verbot der genannten Strafen, die auch im restlichen europäischen Raum nicht mehr praktiziert wurden. [Vgl. HRG: Pranger].
Stellt man z. B. eine Person an den Pranger, bedeutet dies im übertragenen Sinne, dass man diese u. U. auch in aller Öffentlichkeit heftiger Kritik und Beschämung aussetzt, ihr Verachtung entgegenbringt und dadurch bewirkt, dass ihr Ansehen beeinträchtigt wird. Als historischer Ursprung, der die metaphorische Wendung motiviert, fungiert die erläuterte strafrechtliche Szene aus dem Feld der Ehrenstrafen, wo die verurteilte Person an der Pranger-Vorrichtung befestigt wurde und den Scheltworten, stechenden Blicken oder sogar Schlägen der Schaulustigen ausgeliefert war. [GG] - 

Realienkundliches: Wie die Bamberger Halsgerichtsordnung von 1507 beweist, ist die Ausstellung am Pranger mit diversen Leibesstrafen wie dem Abschneiden von Zunge, Fingern und Ohren sowie der Prügelstrafe mittels Ruten verbunden:

Art. 223 Merck die nachuolgenden besluͤß einer yden vrteyl
§2Abschneydung der Zungen
Offenlich in Branger gestelt / die zungen abgeschnitten / vnd darzu biß auff kundtliche erlaubung der oberhandt / auß dem landt verweyst werden sol.
§ 3 Abhawen der Finger.
Offenlich in den Branger gestelt / vnd darnach die zwen rechten finger (damit er mißhandelt vnd gesundigt hat) abgehawen Auch fuͤrter des lands biß auff kundtlich erlaubung der oberhandt verweyst werden sol.
§ 4 Oren abschneyden.
Offenlich in Branger gestelt / bede oren abgeschnitten / vnd des lands biß auff kundtliche erlaubu{n}g der oberhandt verweyst werden sol.
§ 5 Ruten außhawen.
Offenlich in den Branger gestelt / vnd fuͤrter mit rutten außgehawen / Auch des lands / biß auff kundtliche erlaubung der oberhandt / verweyst werden solle.
[Johann Freiherr zu Schwarzenberg 1507, Art. 223]

Innerhalb der Sammlung der württembergischen Regierungs-Gesetze der Jahre 1489 bis 1634 befindet sich ein Eintrag aus dem Jahr 1521, der bei ‚heimlicher Kuppelei‘, d. h. ‚verbotene Anstiftung und Beihilfe zur unerlaubten Eheschließung‘ oder ‚Unzucht‘ [DRW-WA: Kuppelei1], das An-den-Pranger-Stellen vorsieht. Die/der Beklagte soll zusätzlich mit Mist und Kot von der umstehenden Bevölkerung beworfen werden. Wiederholt er oder sie die Tat, folgen verschärfte Strafmaßnahmen an Leben oder Leib:

Von denen ſo haymlich kuppeln vnd einſtoſzen.
Vnd die wyl haimlich Kuppeln vnd ynſtoſzen ain ſunder ſchaͤdlich beſz laſter iſt, dadurch offt manig vnſchuldig blut, vnd fromer leut kinde geurſacht vnnd zur boſzhait verfiert werden, die ſunſt ir leben lang frum vnd erber beliben – das ſelbig alſo zu fuͤrkomen ſo iſt vnſer ernſtlicheſt mainung, vnd woͤllen, Wellicher oder Welliche fuͤrterhin yemants inn iren heuſzern vff laſſen, ynſtoſzen, oder zu ſolichem vnderſchlouff rat hilff oder fuͤrſchub thon, das der oder die ſelbigen, vmb ſolich ir miſzhandlung one alle rechtuertigung angenommen, dem Nachrichter an die handt geantwurt, vff ein halbe ſtund inn den branger geſtelt, vnd alda zu ſtraff ſollichs uͤbels, vnd andern zu exempel, von dem iungen volck offentlich mit miſzt vnd kat geworffen werden.
Ob aber ſelbige perſon, nach ſollicher empfangen ſtraff ſich nit beſſern, ſunder zum andern mal, vnd weyter ſollich ſchaͤdlich vnd ſuͤndtlich ſchand vnd laſter treyben wurde, ſol ſie alls dan on alle verſchonung rechtlich fuͤrgeſtelt, vnnd nach geſtalt der perſon vnd ſachen, an irem lyb oder leben wie ſich gebuͤrt, vnnd damit dergleichen uͤbeltat fuͤrter by inen vermittenn blyb, onnachleſzlich, hertiglich geſtrafft werden, darumb wyſz ſich menigklich ſelbs vor ſpot, nachtail vnd ſchaden zubewaren. [Zeller 1841, S. 46]

Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Allgemeiner Gebrauchskontext: besonders auffällig im Rahmen der Wirtschaft, Politik, des Rechts, der Finanzen - Interlingual Kompatibles: dän.: sætte i gabestokken [PONS]; engl.: to tie sb to the whipping post [PONS]; engl.: to pillory sb [PONS]; frz.: mettre qn au pilori [PONS]; ital.: mettere qn alla berlina [PONS]; nl.: iem/iets aan de kaak stellen [PONS]; schwed.: ställa någon vid skampålen [PONS]; serb.: staviti nekoga na stub srama [PONS]; slowen.: postaviti koga na sramotilni steber [PONS]; span.: poner a alguien en la picota [PONS]; tschech.: stavĕt [perf postavit] na pranýř [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑am Pranger stehen/an den Pranger kommen/gestellt werden; ↑am Pranger; ↑etw./jmdn./sich geißeln / gegeißelt (werden) (durch/von etw./jmdm.); ↑jmdn./etw. verurteilen;jmdn./etw. (als etw.) brandmarken; ↑(jmdn./etw.) (als jmd./etw.) anprangern

 

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Pranger: am Pranger stehen / an den Pranger kommen/gestellt werden

Umschreibung: öffentlich dem Vorwurf, der Kritik ausgesetzt sein/werden [DUR: Pranger]; öffentlich negativ beurteilt werden [LDR: Pranger]; öffentlich beschuldigt werden [DHW: Pranger]; sein Ansehen, seine Ehre einbüßen [ROE: Pranger]

Analyse der Bedeutung: Zu etymologischen Aspekten das Substantiv ‚Pranger‘ vgl. ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.
Die sprichwörtlichen Redensarten am Pranger stehen, an den Pranger kommen/gestellt werden fußen auf einer seit dem Mittelalter bekannten Ehrenstrafe, die mittels der öffentlichen Zurschaustellung an einer Pranger-Konstruktion erfolgte [vgl. DUR: Pranger] und innerhalb der metaphorischen Wendung ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen ausführlich dargelegt wird.
Von der historischen Perspektive der zur Prangerstrafe verurteilten Person motiviert, wird mit den genannten Redensarten im übertragenen Sinne zum Ausdruck gebracht, dass bspw. eine Person in aller Öffentlichkeit kritischen Stimmen und Bezichtigungen ausgesetzt ist bzw. wird. [GG] - Realienkundliches: Zu anschaulichen Belegen rund um die Prangerstrafe siehe ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Allgemeiner Gebrauchskontext: besonders auffällig im Rahmen der Wirtschaft, Politik, des Rechts, der Finanzen - Interlingual Kompatibles: dän.: blive sat i gabestokken [PONS]; engl.: to be in the pillory/ to be pilloried [PONS]; nl.: aan de schandpaal genageld zijn [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen; ↑am Pranger; ↑etw./jmdn./sich geißeln / gegeißelt (werden) (durch/von etw./jmdm.); ↑jmdn./etw. verurteilen; ↑jmdn./etw. (als etw.) brandmarken; ↑(jmdn./etw.) (als jmd./etw.) anprangern; ↑(als etw.) gebrandmarkt (sein/werden)

 

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Pranger: am Pranger

Umschreibung: Kritik, Tadel, Vorwürfen oder Beschuldigungen ausgesetzt sein, die in aller Öffentlichkeit rufschädigende Wirkung nach sich ziehen können [GG]

Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie des Substantivs ‚Pranger‘ siehe ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.
Der metaphorisierte Ausdruck am Pranger führt auf die ab mittelalterlicher Zeit überlieferte Form der Ehrenstrafe durch den Pranger zurück. Siehe dazu ausführlicher ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.
Vom Bild des Strafinstruments des Prangers in seinen unterschiedlichen Konstruktionen motiviert, stellt der Pranger im metaphorischen Sinne einen Ort oder eine Plattform dar oder fasst Umstände und Tätigkeiten zusammen, die jmdn. oder etw. denunzieren und das öffentliche, gesellschaftliche Ansehen schädigen. [GG] - Realienkundliches: Zu ausgewählten Strafformen, die eine Prangerstrafe nach sich ziehen, vgl. die Beispiele innerhalb von ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen. - Allgemeiner Gebrauchskontext: Mediensprache - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel - Querverweis: jmdn./etw. an den Pranger stellen; ↑am Pranger stehen/an den Pranger kommen/gestellt werden; ↑etw./jmdn./sich geißeln / gegeißelt (werden) (durch/von etw./jmdm.); ↑jmdn./etw. verurteilen; ↑jmdn./etw. (als etw.) brandmarken; ↑(jmdn./etw.) (als jmd./etw.) anprangern

 

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Pranger: Pranger

Umschreibung: Ort, zusammengefasste Tätigkeiten, Umstände usw., die als metaphorischer Schandpfahl jmdn./etw. als Missetäterin bzw. Missetäter oder Missetat öffentlich kennzeichnen, denunzieren und beschämen [GG]

Analyse der Bedeutung: Zur Etymologie von ‚Pranger‘ siehe ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.
Der bildhafte Ausdruck Pranger führt auf die im Mittelalter begründete Form der Ehrenstrafe durch den Pranger zurück. Vgl. dazu im Detail ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen.
Vom Bild des Strafinstruments des Prangers in seinen unterschiedlichen Konstruktionen motiviert, stellt der Pranger im metaphorischen Sinne einen Ort oder eine Plattform dar oder fasst Umstände und Tätigkeiten zusammen, die jmdn. oder etw. denunzieren und das öffentliche, gesellschaftliche Ansehen schädigen. [GG] - Realienkundliches: Zu den Prangerstrafen siehe ↑jmdn./etw. an den Pranger stellen. - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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