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Spiegel

Spiegel: den/einen Spiegel vorgehalten bekommen

Umschreibung: die eigenen Fehler/Makel besonders klar und deutlich präsentiert/vorgeführt bekommen [GG]

Analyse der Bedeutung: Das Maskulinum ‚Spiegel‘, nach modernem wörtlichem Verständnis eine ‚glatte Fläche (aus Glas oder Metall), die Abbilder davor befindlicher Personen und Gegenstände zeigt’, wird im Ahd. über die Form spiagal, im Mhd. mittels spiegel, im Mnd. als spēgel oder spigel, im Mnl. als spieghel und im Nl. in der Form von spiegel realisiert und stellt eine Entlehnung aus lat. speculum (‚Spiegel, Abbild’) dar. [Vgl. WPE: Spiegel].
Neben dem optischen Spiegelbild, welches in prominenter Weise bei Ovids Narziss-Figur durch seine magische Wirkung verheerende Folgen hat, kommt dem Spiegel auch innerhalb von Märchen in seiner Rolle als Allwissender eine hohe Bedeutung zu. So wird ein solcher bspw. im Märchen Schneewittchen von der Königin regelmäßig konsultiert, um sich ihrer überragenden Schönheit zu vergewissern. Vor dem Hintergrund des didaktisch-pädagogischen Potenzials, wie es sich im ‚Fürstenspiegel, einer Verhaltensdidaxe für heranwachsende Regenten zw. dem 15. und 17. Jh. manifestiert, bildete sich u. a. der rechtssprachliche Terminus ‚Spiegel‘ für diverse Rechtssammlungen, wie z. B. Bergrechtspiegel, Notariatsspiegel, Regentenspiegel, Sachsenspiegel, Schwabenspiegel, Klagspiegel oder Laienspiegel, heraus. [Vgl. LDR: Spiegel; vgl. DRW-WA: Spiegel III].
Daran anknüpfend kann die Wendung den/einen Spiegel vorgehalten bekommen als von den Rechtssammlungen motiviert betrachtet werden, die über die Wiedergabe des geltenden Rechtes Fehler oder Makel in Form von Verstößen oder Gesetzesbrüchen ausweisen. [GG] - 

Realienkundliches: Innerhalb der Vorrede des Sachsenspiegels von Eike von Repgow nach der Berliner Handschrift um 1369 wird der funktionelle Vergleich zum spiegelnden Objekt explizit:

[V. 175:] Weme lieb weme leit,
vrome unde salicheit
Ist hir an gewaxen.
spigel der Saxen
Sal diz buch sin genant,
[V. 180:] wende Saxen recht ist hir an bekant,
Als an einem spiegele de vrouwen
ire antlize beschouwen.
/ Alle lüte mane ich dar zo,
daz se diz buch nützen so,
[V. 185:] Als iz in zu iren eren nicht misse sta
unde ouch gnedichliche irga,
Daz se nicht ne ruwe die vart,
svenne got den spigel umbe kart
Unde unsich mischet zu der erde
[V. 190:] unde lonen sol nach werde
[Sachsenspiegel, praefatio rhythmica, V 175–190,1]

Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart; pejorativ

 

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Spiegel: jmdm. den/einen Spiegel vorhalten

Umschreibung: jmdm. deutlich seine/ihre Fehler sagen/zeigen [LDR: Spiegel; GG]

Analyse der Bedeutung: Vgl. ↑den/einen Spiegel vorgehalten bekommen. Realienkundliches: Vgl. ↑den/einen Spiegel vorgehalten bekommen.Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart; pejorativ - Interlingual Kompatibles: engl.: to hold up a mirror to sb [PONS]; frz.: mettre qn face à lui-même [PONS]; nl.: iem een spiegel voorhouden [PONS]; poln.: trzymać przed kimś lustro [PONS]; slowen.: nastaviti komu ogledalo [PONS]; span.: adoptar una postura crítica frente a alguien [PONS]

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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