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Stein

Stein: den ersten Stein (auf jmdn.) werfen

Umschreibung: den Anfang damit machen, jmdn. öffentlich anzuklagen, zu verdammen o. Ä. [DUR: Stein]; Tadel, Vorwurf, Schmähung durch jmdn. [Vgl. DWB1: Stein]

Analyse der Bedeutung: Zur etymologischen Herleitung von ‚Stein‘ siehe die Wendung ↑jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.).
Die sprichwörtliche Redensart den ersten Stein (auf jmdn.) werfen setzt sich mit Bezug auf ihren Ursprung aus zwei Komponenten, der religiösen sowie der rechtlichen, zusammen. [GG] Die Spur führt zunächst zum Johannesevangelium, wo eine des Ehebruchs beschuldigte Frau zu Jesus geführt wird und dieser durch die berühmte Feststellung: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie“ (8, 7) die bildhafte Wendung zu prägen scheint. [Vgl. DUR: Stein]. Jesus nimmt durch seine Äußerung jedoch auf die konkrete Praxis der Steinigung Bezug, wobei ‚der erste Stein‘ ein traditionelles Detail aus dem Rechtswesen darstellt: Derjenigen Person, die mit dem ersten Wurf betraut wird, kommt damit eine besondere Form der Ehre zu [vgl. Ortner 2017, S. 41]. Röhrich hält dazu fest, dass auch die anklagende Person als erste wirft. [Vgl. ROE: Stein].
Vom Bild der Hinrichtung ausgehend, wo eine ausgewählte Person mit dem ersten Wurf die Steinigung einleitet, fungiert im übertragenen Sinne jemand als Initiatorin/Initiator einer Verdammung von jemand anderem. Meist wird dieser Umstand nach biblischem Vorbild im Konjunktiv formuliert, wodurch die Vorahnung zum Ausdruck kommt, dass auch das kritische Gegenüber ähnliche Fehltritte bereits begangen hat. [GG] - 

Realienkundliches: Auszug aus dem Johannesevangelium – Jesus und die Ehebrecherin –, wobei die mosaische Gesetzgebung als Vorbild für die Todesstrafe des Gesteinigt-Werdens anzunehmen ist:

Jesus aber ging an den Ölberg. Und frühmorgens kam er wieder in den Tempel, und alles Volk kam zu ihm; und er setzte sich und lehrte sie. Aber die Schriftgelehrten und Pharisäer brachten ein Weib zu ihm, im Ehebruch ergriffen, und stellten sie in die Mitte dar und sprachen zu ihm: Meister, dies Weib ist ergriffen auf frischer Tat im Ehebruch. Mose aber hat uns im Gesetz geboten, solche zu steinigen; was sagst du? Das sprachen sie aber, ihn zu versuchen, auf daß sie eine Sache wider ihn hätten. Aber Jesus bückte sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nun anhielten, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sprach zu ihnen: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie. Und bückte sich wieder nieder und schrieb auf die Erde. Da sie aber das hörten, gingen sie hinaus (von ihrem Gewissen überführt), einer nach dem andern, von den Ältesten bis zu den Geringsten; und Jesus ward gelassen allein und das Weib in der Mitte stehend. Jesus aber richtete sich auf; und da er niemand sah denn das Weib, sprach er zu ihr: Weib, wo sind sie, deine Verkläger? Hat dich niemand verdammt?
Sie aber sprach: HERR, niemand. Jesus aber sprach: So verdamme ich dich auch nicht; gehe hin und sündige hinfort nicht mehr! [Evangelische Kirchenkonferenz 1912, Johannes 8, 1–11]

Siehe auch den realienkundlichen Beleg unter ↑jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.), wo dem Vater ‚die Ehre gebührt‘, den ersten Stein auf seine Tochter zu werfen.

Diastratik: gehoben [DUR: Stein] - Semantische Prozesse: sprichwörtliche Redensart - Interlingual Kompatibles: engl.: to cast the first stone [dict.cc]; nl.: de eerste steen naar [o. op] iem werpen [PONS]; schwed.: kasta första stenen på någon [PONS] - Figuriertheit: Drastik; Hyperbel

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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