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steinigen

steinigen: jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.)

Umschreibung: jmdn. verdammen [vgl. eWDG: steinigen]; jemanden durch Kritik vernichten [DWB1: steinigen] / durch Kritik vernichtet werden; scharf kritisiert, in Frage gestellt werden (für etw.) [GG]

Analyse der Bedeutung: Das maskuline Substantiv ‚Stein‘, ein ‚natürlicher, aus Mineralien bestehender, fester, harter Körper‘ oder ‚Fels‘ geht wie die Formen ahd. (8. Jh.) und mhd. stein, asächs. sowie mnd. stēn, mnl. als auch nl. steen, afries. stēn, aengl. stān, engl. stone, anord. steinn, schwed. sten und got. stains (germ. *staina-) auf die ie. Wurzel *stāi-, *stī̌- in der Bedeutung von ‚(sich) verdichten, zusammendrängen, stopfen, gerinnen, stocken’ zurück, wobei das ie. Suffix -no- hinzugefügt wird und dadurch auf ‚das Harte, Verdichtete‘ referiert. Die dementsprechende Verbalform ‚steinigen‘ wird im Ahd. in der Form steinōn (9. Jh.) sowie im Mhd. mittels steinen wiedergegeben. Bereits ab dem 15. Jh. wird darunter ‚durch Steinwürfe töten‘ ausgedrückt. [Vgl. WPE: Stein].
Der bildhafte Ausdruck jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.) lässt sich auf die seit archaischer Zeit praktizierte Form der Todesstrafe der Steinigung zurückführen. Die/der meist an einen Pfahl gebundene Verurteilte wird dazu so lange mit Steinen beworfen, bis sie/er ihren/seinen letzten Atemzug getan hat. Aktualität findet diese Hinrichtungsart im islamischen Recht, im Iran, in Jemen, Saudi-Arabien, Pakistan sowie Sudan. Im Iran bspw. werden Mord, Vergewaltigung, Sittlichkeitsdelikte wie Ehebruch oder vermehrter Alkoholkonsum mit dem Tode bestraft. [Vgl. Ortner 2017, S. 40f.; vgl. DRW-WA: steinigen I; vgl. ROE: Stein]. Die Steinigung kann ebenso in Rachefällen auftreten. [Vgl. DRW-WA: steinigen I].
Mit der Redensart ↑den ersten Stein (auf jmdn.) werfen teilt der metaphorische Ausdruck jmdn. steinigen / gesteinigt werden (für etw.) die Perspektive der hinrichtenden Person, wobei sich diese aus mehreren Akteuren/Akteurinnen zusammensetzt (vgl. dazu näher ↑den ersten Stein (auf jmdn.) werfen). Ist das äußernde Subjekt gewillt, jemanden zu steinigen, so soll die/der Betreffende – analog zum realen Bild der Personen, die die Steine auf die Verurteilte/den Verurteilten werfen – bis aufs Schärfste verdammt werden. Ist die Adressatin/der Adressat bspw. der Ansicht, für eine Aktion ihrerseits/seinerseits gesteinigt zu werden, drückt sie/er vor dem Hintergrund der durch Steine hingerichteten Person aus, dass sie/er stark verurteilt wird. [GG] - 

Realienkundliches: Auf der Homepage der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) befinden sich Auszüge aus dem Werk Die gesteinigte Frau von Freidoune Sahebjam, der die Recherchearbeit zur am 15. August 1986 hingerichteten Iranerin Soraya Manoutchehri betrieb:

Die Steinigung
[…] Der Bürgermeister nahm einen Stein und reichte ihn Morteza.
«Ihnen, Herr Ramazani, gebührt die Ehre, den ersten Stein zu werfen… Bitte sehr…»
Der Alte legte seinen Stock auf den Boden nieder und ergriff den Stein. Er sagte Gott Dank, streckte den Arm und schleuderte den Stein mit aller Kraft in Richtung auf seine Tochter. […]
Wir werden es Ihnen nie vergessen, daß Sie den ersten Stein auf die Ehebrecherin geworfen haben, und uns ein Vorbild gewesen sind, und wird sind wie Söhne Ihrem Beispiel gefolgt. Dafür sei Ihnen Dank.» Und alle stimmten ihm zu und applaudierten.
[Internationale Gesellschaft für Menschenrechte o.J.]

Figuriertheit: Hyperbel; Drastik - Querverweis: jmdn. einen Kopf kürzer machen; ↑jmdn. kreuzigen / gekreuzigt werden; ↑ jmdn./etw. zerreißen / von jmdm./etw. zerrissen werden; ↑jmdn./etw. vierteilen / gevierteilt werden (für etw.)

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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