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Zettel

Zettel: jemandem einen Denkzettel verpassen

Umschreibung: jemandem eine exemplarische Strafe oder als Warnung angesehene unangenehme Erfahrung angedeihen lassen [DUW: Denkzettel]; jemanden so tadeln, strafen, dass er eine bestimmte Sache so leicht nicht wieder vergisst [Fr: Denkzettel]; eindringliche Lehre, (körperliche) Strafe, die man nicht so schnell vergisst [WDG: Denkzettel]

Analyse der Bedeutung: In den Jesuitenschulen mussten Schüler, deren Verhalten tadelnswert war oder an denen Lehrer eine schlechte Neigung vermuteten, ein Stück Papier, auf dem ihr Fehlverhalten beschrieben wurde, stets bei sich tragen. Mit diesem Denkzettel waren häufig körperliche Strafen verbunden, so dass der Denkzettel im übertragenen Sinn heute als fühlbare (negative) Erinnerung bzw. Strafe verstanden wird [vgl. Rö: Denkzettel]. -  Realienkundliches: Der Begriff Denkzettel bezeichnete ursprünglich (15. Jh.) die schriftliche Mitteilung des Gerichts über eine Vorladung oder Klage. Im Judentum ist der Denkzettel ein Pergamentstreifen, auf dem einige Bibelsprüche verzeichnet sind und der um die Stirn oder den linken Arm gebunden wird. In seiner Bibelübersetzung verwendet Martin Luther den Begriff Denkzettel für eine Liste dessen, was man nicht vergessen soll. Am Ende des 16. Jh. wird Denkzettel auch für wichtige Notizen und Aufträge im politischen und wirtschaftlichen Verkehr verwendet [vgl. Rö: Denkzettel]. Allen diesen Bedeutungen ist das Moment des Nicht-Vergessens innewohnend, das auch in der heutigen übertragenen Verwendung, die ab dem 16. Jh. greifbar ist [vgl. Pf: Denkzettel], die Bedeutung bestimmt. - Entstehungszeit: 16. Jh. [Pf: Denkzettel] - Diastratik: ugs. [WDG: Denkzettel] - Semantische Prozesse: phraseologisiert - Interlingual Kompatibles: swe. att ge någon en minnesbeta [dict.cc] - Querverweise: jemandem die Leviten lesen; jemandem den Text lesen; Fraktur reden

 

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Zettel: (sich) verzetteln

 

Umschreibung:

  1. sich mit zu vielen Nebensächlichkeiten beschäftigen und dadurch nichts richtig/ganz tun bzw. nicht zum eigentlich Wichtigen kommen [DUW: verzetteln]
  2. etwas in kleinen Mengen für zahlreiche unwichtige Dinge verausgaben, vergeuden [WDG: verzetteln]
  3. einen zusammenhängenden Text in Einzelzettel auflösen [Pf: verzetteln-2]
  4. etwas Schriftliches ausfertigen [Pf: verzetteln-2] (ohne aktuellen Beleg)

Analyse der Bedeutung:

Bei den Bedeutungen von (sich) verzetteln fließen zwei Bildspendebereiche zusammen. Da einer der beiden Bereiche die Schrift ist, wurde der Beleg in der Sammlung belassen, wenngleich die Dominanz des zweiten Bildspendebereichs in den aktuellen Belegen auch eine Einordnung in die Sammlung der "Faux Amis" gerechtfertigt hätte. Eine Besprechung bei den "gültigen Belegen" bedingt jedoch nach Ansicht des Verfassers eine höhere Aufmerksamkeit für diesen bemerkenswerten Beleg:

Der Bildspendebereich Schrift zeigt sich in den Bedeutungen 3 und 4, in denen auf beschriebene Zettel referiert wird: Einmal wird ein Gesamttext in einzelne Zettel aufgelöst (z.B. zur Erstellung einer Kartei für wissenschaftliche Zwecke [vgl. WDG: verzetteln], die zweite (nur im Fnhd. greifbare [Gr: verzetteln-1]) Bedeutung meint schlicht das Erstellen eines Schriftstücks. Der zweite Bildspendebereich ist vermutlich jener der Weberei, wo mit "Zettel" der 'Längsfaden eines Gewebes' [Kl: Zettel-1] bezeichnet wird, das (ver-)zetten, aus dem sich unser verzetteln gebildet hat meint das 'geordnete Ausbreiten der Garnstränge am Weberbaum' [Kl: Zettel-1]. Das Moment des Verstreuens und Ausbreitens scheint also die übertragenen Bedeutungen 1 und 2 geprägt zu haben, die auf das Vergeuden wertvoller Ressourcen für unwichtige, nebensächliche Dinge Bezug nehmen. Ein anderer potentieller Bildspendebereich für diese beiden Bedeutungen könnte die Landwirtschaft sein, da im oberdeutschen Raum verzetteln auch für 'Gras, Heu, Stroh zum Trocknen auslegen' [Gr: verzetteln-3] verwendet wurde.

Entstehungszeit: 1.) 19. Jh. [Pf: verzetteln-1]; 3.) 18. Jh. [Pf: verzetteln-2]; 4.) 15. Jh. [Pf: verzetteln-2] - Diastratik: 2.) ugs. [WDG: verzetteln] - Querverweise: etwas anzetteln (-> Faux Amis)

 

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Projektleitung

Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr.

Wernfried HOFMEISTER



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